Varus-Schlacht

Varus, Arminius, Hermann der Cherusker:
auch das ist ein weites Feld.
Von Herbert Steffes, webmaster

Die Weltmacht Rom war Eroberungs- und Besatzungsmacht, selbstverständlich nicht friedlich, auch nicht in Germanien oder Gallien - so waren die Zeiten: der Stärkere unterjochte den Schwächeren. Doch wer - als Unterjochter - hat das schon gerne: Fremdherrschaft, Abgaben, fremde Rechtsordnung, andere Gewohnheiten, Leute aus dem eigenen Volk, die sich diesem allmählich entfernten, dem mächtigen Besatzer zustrebten? Das ist heute nicht anders. Heute werden diese Aufrührer Terroristen genannt…

Die Germanen waren nie ein Volk von übertriebener Einigkeit - Wohlmeinende formulierten das schon damals als unbändigen Freiheitsdrang. Andere sahen darin eher Disziplinlosigkeit, Unstetigkeit und Wankelmut.

Die römische Staatsführung war klug - sie gab den Unterworfenen Aufstiegsmöglichkeiten, Teilhabe an der hohen römischen Kultur, Chance zum Dienst im römischen Militär bis zum Offiziersrang: Hermann der Cherusker (wie er später genannt wurde, tatsächlich ist sein germanischer Name nicht bekannt)  war Sohn eines germanischen Fürsten.

Aufstrebende Persönlichkeiten aus den unterworfenen Völkern waren (für Rom!) selbstverständlich unter römischer Sozialisation besser aufgehoben denn als potentielle Aufrührer, Unruhe und Unzufriedenheit stiftend. Dazu brauchte das römische Heer ständig Soldaten, Söldner, nicht zuletzt auch gegen die Barbaren jeglicher Arbeit, also auch gegen Germanen. Sogar die Unterjochten sahen das nicht so eng - für guten Sold, Ausbildung, medizinische Versorgung, Ruhm und Ehre tat auch mancher Germane Dienst für römische Herrschaftsinteressen. Einen germanischen Nationalstolz oder so gab es nicht… - die Zeiten waren noch nicht so: jeder gegen jeden, Hauptsache, es brachte 'was ein.

Arminius war dieser Mann der Römer, zumindest für eine Zeit. Er hatte in Rom und in römischen Diensten Ehre eingelegt, Respekt gewonnen - und auch das Vertrauen des Feldherrn Varus. "Hermann", nein, Arminius, der eingebürgerte Römer, galt als zuverlässig. Darauf baute er auf, die römische Besatzung in seiner Heimat abzuschütteln.

Es gelang ihm, den Varus einzulullen, dem eine Chance aufzumalen, den dräuenden germanischen Aufstand niederzuschlagen - mit seiner, des Arminius, Hilfe. Bösartige Leute haben den "Hermann" daraufhin des schmählichen Verrates bezichtigt, der Hinterlist, der Heimtücke… seinen römischen Oberen, den Besatzern, gegenüber. Welch falsche Perspektive!

Doch bei Arminius war der Freiheitsgedanke für sein Volk, für seine Germanen, ausgeprägter als alles andere. Ein kluger Mann.

So lotste er den Varus mit seinen drei wohlausgerüsteten Legionen in die germanische Finsternis. Die germanischen Völker waren sich unter der Führung des Hermann einig und schlugen die Römer vernichtend.

Das war für die Römer zwar ärgerlich, aber kein Weltuntergang: als militärische Großmacht haben sie immer wieder mal Niederlagen verkraften müssen, auch gegen Barbaren jeglicher Art. So bauten sie schließlich den Limes, um das Land nördlich davon militärisch sich selbst zu überlassen. Und Handel zu treiben, was schon immer ertragreicher war.

Mit Tacitus begann die Verklärung von Arminius und seinen Cheruskern - warum auch immer. War es Heldenverehrung? Ehre für den großen Feind? Oder ging es einfach darum, die eigenen Niederlagen geringer, ehrenvoller erscheinen zu lassen, wenn der Feind soo großartig war? Seien wir einfach gute Germanen… und denken; es wird schon 'was dran gewesen sein.

Im Deutschland des 19. Jahrhunderts setzte sich der heftige Glaube vehement fest, daß die Germanen unter Hermann dem Cherusker den Römern den Drang nach Germanien ein für allemal ausgetrieben hätten - dank eigener Einigkeit. Damit sollte der deutsche Wunsch nach Wegen fort von der Kleinstaaterei befördert werden: Frankreich und Groß-Britannien waren schon lange mächtige Zentralstaaten, mit viel Blut der jeweils Unterlegenen erkämpft. So entstand im werdenden deutschen Reich ein mächtiger Hermann-/Arminius-Kult, der über die Tücken der Kleinstaaterei hinwegleuchten sollte. Vieles wurde überzeichnet, die siegreichen Germanen wurden mit den Göttern fast auf eine Stufe gestellt. Über den Ort der Varusschlacht gab es damals fast genau so viele Vermutungen (und "Beweise"!) wie Bäume im dunklen Wald.

Und dann? Der Rest ging nicht so gut aus…

Umso größer das Erstaunen, als kürzlich gemachte Funde (im niedersächsischen Kreis Northeim) darauf schließen lassen, daß die  Römer noch 200 Jahre nach der Varusschlacht mit militärisch starken Kräften im vermeintlich längst befreiten (oder: aufgegebenen?) Germanien gefuhrwerkt haben. Was war das wohl: militärischer Betriebs- oder Erkundungsausflug? Aufklärung im Feindesland? Wohl nichts Weltbewegendes - als Ruhmestat aufgezeichnet haben sie es jedenfalls nicht.

Nehmen wir es einfach, wie es war: Rom war noch Jahrhunderte danach Großmacht - und wegen einiger Niederlagen gegen die Arminius-Germanen sicher nicht auf ewig in Furcht erstarrt. Also: die Geschichte muß nicht umgeschrieben werden, wie der SPIEGEL meinte - es wird auch so weitergehen…

Unsere Beiträge von Christian Thomas gehen verschiedene Aspekte an, er liefert dazu eine Liste von Buch-Neuerscheinungen für jeden, der sich mit diesem Aspekt unser Geschichte näher befassen will: es wird nicht schaden.

Wer sich mit einem freundlichen Schmunzeln dem Thema nähern will, mag zu S. Fischer-Fabian greifen: "Die Deutschen - Über das rätselhafte Volk der Germanen". Speziell der Beitrag über unser heutiges Thema ist lesenswert und gibt einen transparenten Überblick. Auch über das Ende unseres Helden Hermann (der Name etwa um 1530 aus dem Umfeld von Martin Luther stammend) , der nach dem gloriosen Sieg über die Legionen des Varus und weiterer Römer doch noch Opfer germanischer Uneinigkeit wurde: gefallen durch Mörderhand. Doch Ulrich von Hutten hatte nachweislich bereits 1529 den Anfang gemacht: Arminius der germanische Freiheitskämpfer.

Und unser Held Siegfried? War tatsächlich der Hermann, meint jedenfalls nicht nur S(iegfried) Fischer-Fabian. Lassen wir uns das mal durch den Kopf gehen…

Und erkennen wir: unsere Germanen waren schon tüchtige Leute, trotz aller Schwächen. Sind wir soo anders? Erheben wir die Häupter!

Blättern Sie ein wenig im Internet:

Über Arminius - es lohnt sich.

http://de.wikipedia.org/wiki/Arminius

Über S. Fischer-Fabian:

http://de.wikipedia.org/wiki/S._Fischer-Fabian

"Als die Römer frech geworden…" (Joseph Viktor von Scheffel, 1826-1886) - die Älteren werden es gewiß noch kennen - Text und Melodie:

http://ingeb.org/Lieder/alsdiero.html

Mit Notenblatt:

http://lieder-archiv.de/lieder/show_song.php?ix=300666

Und wenn Sie den Hermann ganz groß sehen wollen, nein, sein Denkmal, dann klicken Sie hier. (Aus Wikipedia, unter GNU-Lizenz)

Und hier die Briefmarke zum Thema:

Herrmannsdenkmal 002

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Stunde!