Alte Tachymeter helfen Archäologen
Mainova-Spende ermöglicht schnellere Lokalisierung und gründlichere Vermessung von Bodendenkmälern

Die Landesarchäologie hat gestern mit veralteter Technik aus der Netzvermessung von Energieversorgern einen Quantensprung bei der Vermessung von Bodendenkmälern gemacht. Am Keltenrundwanderweg an der Hohemark bestanden die gebrauchten Tachymeter ihren ersten Feldeinsatz.
Von Jürgen Streicher

Oberursel - Die Keltendame, die sich im Spiegel betrachtet und kulturhistorisch Interessierten den Weg weist, ist genau 5,59 Meter entfernt. Auch Höhenunterschiede zwischen Punkt A, also dem Meßgerät, und Punkt B, der gemalten Keltendame auf der gemalten Natursteinmauer, gibt der Tachymeter blitzschnell an, wenn man mit ihm umgehen kann. Tachymeter kommt aus dem Griechischen und heißt Schnellmesser. Das kombinierte Entfernungs- und Winkelmeßgerät soll den Landesarchäologen und den rund 200 Gelände-Begehern der Hessen-Archäologie wertvolle Dienste bei der archäologischen Feldarbeit leisten. Und sie viel schneller machen.

„Wir können jetzt unsere Maßbänder im Magazin lassen", sagt die stellvertretende Landesarchäologin Vera Rupp vom Landesamt für Denkmalpflege. Mit Maßband, Nivelliergerät und Theodolit waren die Vermesser des riesigen Heidetränk-Oppidums am nordwestlichen Stadtrand von Oberursel unterwegs, ihre Nachfolger können exakter und vor allem schneller messen. Die Ergebnisse der früheren Kollegen sollen aber nicht angezweifelt werden, sagte Vera Rupp gestern, das Oppidum sei in dieser Hinsicht als Forschungsgebiet abgeschlossen.

Ehrenamtliche profitieren

Profitieren von den beiden Tachymetern sollen neben den Profis vom Landesdenkmalamt die vielen ehrenamtlichen Kreisarchäologen, die im Dienste der Sicherung und Dokumentation von Bodendenkmälern unterwegs sind und bei ihren Gelände-Begehungen keine Großbaustelle auslassen.

Um Funde zu sichern, bevor das Gelände „archäologisch tot ist", wie die Forscher sagen. Zum Beispiel unterhalb des Kelten-Oppidums an der Hohemark, wo durch den Bau der Abfahrtsohren von der B 455 neu die letzte Chance vernichtet wurde, noch mehr Erkenntnisse über die Zufahrtswege der Kelten zu ihrer einstigen Großstadt am Taunushang zu gewinnen.
Tachymeter der Mainova für die Archäoloen

Auf den Spuren der Kelten ist Landesarchäologin Vera Rupp (links) jetzt schneller. Dieter Dänner (Mainova) erläutert den Tachymeter.

Einer der etwa 200 Gelände-Begeher hat als Mitarbeiter des Energie-Versorgers Mainova die Vorarbeit für die Schenkung geleistet, über die Vera Rupp und der Leiter der Grabungstechnik Norbert Fischer sehr dankbar sind, da der knappe Etat der Denkmalpflege die Anschaffung moderner Meßgeräte bisher nicht zugelassen hat.

Bei den Mainova-Netzdiensten waren die fast 20 Jahre alten Geräte bei der Aufmessung des Gasrohrnetzes und begleitender Topographie im Einsatz. Jetzt sollen sie wieder „Verbuddeltes" (Mainova-Sprecher Günter Schölla) exakt lokalisieren und vermessen helfen. Optoelektronik für die Archäologen, während die Versorgungsunternehmen inzwischen auf moderne Satelliten-Geodäsie vertrauen.

 

AUF DEN SPUREN DER KELTEN

- Der Keltenrundwanderweg durch das Heidetränk-Oppidum am Stadtrand von Oberursel wurde im Sommer 2002 eröffnet, als die Kelten und die Rekonstruktion ihrer Welt im Hessenland mit dem Ausbau der Keltenstraße bis zum Glauberg der Sommer-Hit waren.

- Auf etwa 4,3 Kilometern Länge mit 160 Meter Höhenunterschied bietet der Weg an 16 Stationen mit 20 Schautafeln Bilder, Karten und Texte in deutscher, französischer und englischer Sprache.

- Das Logo der Keltenstraße ist die Silhouette der Statue des Keltenfürsten vom Glauberg. Der stilisierte Kopf eines Kelten, der auf einer Münze gefunden wurde, ist das Symbol auf allen Wegweisern.

- Ein „Kelten-Graffito" entlang des Sockels einer Fußgängerbrücke über die Kanonenstraße oberhalb der Endstation Hohemark der U 3 markiert den Einstieg in den Keltenrundwanderweg, auf den ein goldener Schriftzug hinweist.

- Das Heidetränk-Oppidum nordwestlich von Oberursel am Taunushang mit Blick auf die Rhein-Main-Ebene gilt unter Fachleuten als bedeutendste vorgeschichtliche Ringwallanlage des Mittelrheingebietes. Hier sollen einst tausende Menschen gewohnt und gearbeitet haben. JÜS

Frankfurter Rundschau - 9.5.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR