Eisenhaltiger Säuerling
Bad Homburg: Neue Ausstellung über den verflossenen Ruhm der Taunus-Mineralwässer

Von Klaus Nissen

In der Mitte der Taunus-Galerie steht seit Montag ein mannshoher Zylinder mit verjüngter Spitze, der beängstigend an einen Bomben-Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert. Dabei ist es nur eine alte Auffangglocke für das aus der Kronthaler Quelle aufsteigende Kohlendioxid. Und der kupferne Apparat mit der Handkurbel nebenan ist ein simpler Mischkessel, mit dem anno 1924 die Kohlensäure ins Mineralwasser gedrückt wurde.

Dies sind die größten Exponate der neuen Ausstellung Im Haus 1 des Landratsamtes. Sie heißt „Mineralwasser aus dem Taunus" und zeigt Lehrreiches wie auch Kuriosa. Zu letzteren gehört die kleine Sammlung von Trinkkur-Tassen in einer der Vitrinen. Darunter ist, mit einem bunten Homburg-Idyll bedruckt, ein Porzellantäßchen in Klosettform zu bestaunen. Vielleicht eine Anspielung darauf, daß das Quellwasser aus dem Kurpark abführend wirken könnte?

Das Hochtaunus-Kreisarchiv hat nach seinen Ausstellungen über die Ziegelproduktion und das Häfnerhandwerk seine dritte Schau den Mineralwasservorkommen im Taunus zwischen Weilbach und Rosbach gewidmet. Die wurden schon im 16. Jahrhundert als Heilwässer geschätzt und lösten ab dem 18. Jahrhundert eine wahre Goldgräberstimmung aus, berichtete Konrad Schneider vom Frankfurter Institut für Stadtgeschichte bei der Vernissage am Montagabend. Beispiele schildert eine 48-seitige Broschüre, die von der Geschichte der Mineralwasser-Abfüller in Weilbach, Bad Soden, im Kronthal bei Kronberg, Bad Homburg und Rosbach handelt. Manche Quellen waren zeitweise gar im Besitz britischer Konzerne. Im Kronthal wurde das Wasser als „Apollinis-Brunnen" international vermarktet - sehr zum Mißvergnügen der Apollinaris-Produzenten in Bad Neuenahr.
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Die Solequellen zwischen Homburg und Gonzenheim wurden seit 1594 gewerblich genutzt, meldet die Broschüre. Obwohl der Salzgehalt nur bei einem Prozent lag, ließ Landgraf Friedrich II. ab 1681 neun Gradierwerke, eine Pumpenkunst und drei Siedepfannen installieren. Doch die fünf Salzquellen lieferten pro Jahr nur maximal 35 Tonnen Salz. 1738 endete die Produktion.

Friedrichs Nachfahre Ludwig kurbelte ab 1809 die Vermarktung des Homburger Wassers als Heil-Trunk an. Man versandte Proben an Ärzte im Rhein-Main-Gebiet. Der damals schon berühmte Justus von Liebig adelte das Wasser mit seinem Testat. Abgefüllt und transportiert wurde es in braunen Steinzeug-Krügen aus dem Westerwald. Jeder Homburger durfte nur einen Krug auf einmal erwerben. Die Stadt verkaufte ins Umland zuletzt 1914 rund 117.000Eisenhaltiger Säuerling 001

Flaschen des eisenhaltigen Säuerlings. Nach dem Krieg lohnte die Abfüllung nicht mehr. Heute probieren nur wenige mutige Spaziergänger das Wasser an den sechs Brunnen im Kurpark.

Die Werbung mit Quellnymphen verhinderte nicht, daß der Kronthaler Wasservertrieb anno 1930 schlecht lief. Vilbeler Wasser war billiger. Bilder: Kreisarchiv

Die Ausstellung ist bis zum 17. September montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr an der Ludwig-Erhard-Anlage 1-5 in Bad Homburg geöffnet. Die Broschüre kostet drei Euro. 2011 wird die Schau auch in Bad Soden gezeigt.

Frankfurter Rundschau - 25.8.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR