Frauen, geht wählen!
Bad Homburg: Vor fast 90 Jahren wurde Jenny Baumstark die erste Stadtverordnete

Von Andreas Kraft

Eine Fischvergiftung bescherte der Stadt ihre erste Politikerin. Denn ohne den verdorbenen Lachs, den Jenny Baumstark 1906 im Hardtwaldtrestaurant aß, hätte sich die Wienerin wohl nie in Bad Homburg niedergelassen. Als sie die Kollegen vom Meininger Theater, die gerade im Kurtheater gastierten, baten, eine kranke Darstellerin zu vertreten, machte sie das von einer Bedingung abhängig: Sie bleibe nur eine Nacht. Es wurden ein paar mehr.

Wie im Stadtarchiv nachzulesen ist, verliebte sie sich Hals über Kopf in ihren Arzt. Aus dem Gastspiel für einen Abend wurde so ein längerer Kuraufenthalt und aus dem Kuraufenthalt ein halbes Leben. Sie ließ sich von ihrem Mann - ebenfalls Schauspieler - scheiden und heiratete 1908 Robert Baumstark. Gemeinsam bauten sie ihr weithin bekanntes Sanatorium im Hardtwald auf. Er als behandelnder Arzt, sie als Verwaltungschefin. Als in der Klinik nach dem ersten Weltkrieg nicht mehr ganz so viel los war, hatte die mittlerweile 49-Jährige genug Zeit für ihre neue Rolle als Kommunalpolitikerin. Und endlich die nötigen Rechte.

Denn erst am 19. Januar 1919, also vor gut 90 Jahren, durften in Deutschland Frauen zum ersten Mal wählen und gewählt werden. Während SPD und Zentrum ihre Politikerinnen bei der Kommunalwahl im März 1919 auf aussichtslosen Listenplätzen ins Rennen schickten, schaffte es Baumstark bei der DDP immerhin auf Platz vier und zog so als erste Frau in das Bad Homburger Stadtparlament ein. Ob ihre männlichen Parteifreunde tatsächlich so liberal waren wie ihr Parteiprogramm oder sich die Klinikchefin in der Männerwelt nur besser zu behaupten wußte als viele andere Frauen, läßt sich den Akten im Stadtarchiv leider nicht entnehmen. So wie sie sich aber bis in die 50er Jahre in die Stadtpolitik eingemischt haben soll, darf man das getrost annehmen.

Ein Wahlplakat der DDP aus dem Winter 1919, das derzeit in einer Ausstellung zum Frauenwahlrecht in der Stadtbibliothek zu sehen ist, zeigt hingegen, daß die Forderungen der Partei auch heute im Landtagswahlkampf noch aktuell sind. Die Liberalen forderten damals etwa, daß „höhere Schulbildung  nicht mehr ein Vorrecht der besitzenden Klasse" sein dürfe, oder daß die Interessen von „Schwerindustrie und Großkapital" nicht länger die Wirtschafts- und SoFrauen, geht wählenzialpolitik bestimmen sollten.

 

Ein Plakat aus der Ausstellung zum Frauenwahlrecht, Bad Homburg --->

 

Den Jahrestag feiert die Stadt am Montag, 19. Januar 2009, um 19 Uhr in der Stadtbibliothek mit einem Vortrag der Wissenschaftlerin Elke Schüller.

 

Frankfurter Rundschau -
15.1.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Frauenwahlrecht: Ergebnis der Revolution von 1918.

Lesen Sie einmal nach, was aus der einst so fortschrittlichen DDP geworden ist!

Und die Schulpolitik von heute? Ist die damalige Forderung der DDP nicht immer noch aktuell?

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