Das Erbe der Heimkehrer
Hochtaunus: Dauerausstellung im Hessenpark kommt in neue Hände

Von Olaf Veite

Seit neunzehn Jahren beherbergt der Hessenpark eine Dauerausstellung, die deutschlandweit einmalig ist, von den Besucherströmen aber weitgehend umgangen wird. Im Haus Homberg/Efze, direkt am Marktplatz, hat der Hessische Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißtenangehörigen (VdH) ein Dokumentationszentrum aufgebaut, das künftig vom Geschichts- und Heimatverein Wehrheim betreut wird.

Hessenpark-Chef Jens Scheller ist froh, die Ausstellung im Rahmen des Freilichtmuseums präsentieren zu können. „Dieses Thema gerät mehr und mehr in Vergessenheit, obwohl es ein Teil unseres kollektiven Gedächtnisses ist." Für die Zukunft hofft er auf eine multimediale Ausrichtung: „Die Ausstellung sollte den Besucher direkter ansprechen." Spätestens nach der Sanierung des Hauses, die noch nicht terminiert ist, wollen Geschichtsverein und Hessenpark den Umbau angehen. Vor dem Hintergrund einer aussterbenden Kriegsgeneration regt Scheller an, „schleunigst Interviews mit Zeitzeugen zu führen".

Kontakt schon seit Jahren

Dieser Umstand hat den seit sechzig Jahren bestehenden Landesverband bewegen, die Betreuung der Dokumentation in andere Hände zu geben. Nach Auskunft von Johannes Kleeberg, Präsident des VdH Hessen, wird sich die Vereinigung noch in diesem Jahr auflösen. Der Kontakt zum Wehrheimer Geschichtsverein besteht schon seit einigen Jahren, vorbereitet wurde die Zusammenarbeit von dem im vergangenen Jahr verstorbenen Altbürgermeister Helmut Michel.

Das Erdgeschoß ist dem Lagerleben der Kriegsgefangenen gewidmet. Statistiken liefern das nüchterne Zahlenmaterial der weltweit inhaftierten Soldaten, eine Karte zeigt den Lagerkomplex des russischen Archipel Gulag. Verschiedene Grafiken und Zeichnungen geben dem Menschenschicksal künstlerischen Ausdruck. Über allem der Ausspruch von Gustav Heinemann: „Der Frieden ist der Ernstfall".

Erbe der Heimkehrer

In einer Glasvitrine sind Grußkarten ausgestellt. Michael Schick

Der Besucher erfährt von Heimkehrerinnen, deren Gesichter „versteinert sind im Schmerz", von Kindern und den letzten Transporten 1955. In vier Vitrinen liegen die „Mitbringsel", von den Gefangenen handgefertigt und zum Teil lebenswichtig. Neben Kleidungsstücken auch Messer und Löffel, hölzerne Waagen für die Brotrationen. Anrührende Exponate wie das selbstverfaßte Englisch-Deutsch-Wörterbuch des Gefreiten Bruno Sigemund, hergestellt in „Naples/Italien". Neben einer Ausgabe der Lagerzeitung „Die lustige Drahtpost" von 1947 sind knöcherne Zigarettenspitzen und ein Photoalbum aus Birkenrinde plaziert. Das Raumende dominiert eine Nachbildung der berühmten „Stalingrad-Madonna".

Das Weiterleben nach der Gefangenschaft ist Thema im Obergeschoß. Eigene Teile beschäftigen sich mit dem Siedlungsbau der Heimkehrer, der Integration und dem politischen Engagement. Der hessische Verband knüpfte internationale Partnerschaften und veranstaltete Seminare zur Friedenspolitik. 1950 wurde dann das Heimkehrergesetz verabschiedet. Das Vermächtnis des VdH, so wie es hier zutage tritt, ist zugleich eine Mahnung an die Nachgeborenen.

Frankfurter Rundschau - 22.2.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR