Auf Spuren der „hessischen" Kelten
Im Taunus lassen sich beeindruckende Hinterlassenschaften der einstigen keltischen Bewohner entdecken

Mehr als 2000 Jahre ist es her, daß Kelten den Taunus besiedelten. Ihre größte Stadt war das Heidetränk-Oppidum am Nordrand von Oberursel. Dessen Siedlungsreste würden Wanderer wohl kaum beachten, gäbe es nicht den archäologischen Rundwanderweg mit seinen vielen Erläuterungen.
Von Cornelia Färber


Oberursel - Hier ein Erdhügel, da ein Steinhaufen, dort ein Wall. Nichts Ungewöhnliches für die hügelig-waldige Gegend im Taunus nördlich von Oberursel. Ohne Schautafeln mit Zeichnungen, Karten und Fotografien alter Fundstücke würden selbst archäologisch interessierte Wanderer nur schwer auf die Siedlungsreste unserer keltischen Vorfahren stoßen. Gute Chancen haben sie auch, wenn sie mit dem Hobbyarchäologen Klaus Hasselwander auf Tour gehen, der die Gegend rund um das Heidetränktal bei seinen Führungen im Auftrag der Tourismus-Förderung der Stadt mit Geschichten und Leben erfüllt.

„Hier sehen wir Steine wie eine Perlenkette aufgereiht. Da stand einmal eine Mauer aus Taunusquarzit", erläutert Hasselwander seinen Gästen beim Gang durch das Oppidum, wie Julius Cäsar die keltischen Städte nannte. Vier bis sechs Meter dicke „Pfostenschlitzmauern" umgaben vor über 2000 Jahren das Heidetränk-Oppidum, das sich über die Hügel Altenhöfe und Goldgrube beiderseits des Heidetränkbaches erstreckte. Grabungsfotos aus dem Jahr 1883 zeigen diese gewaltige Mauer. „Hier war eine Großstadt, von ihrer regionalen Bedeutung vergleichbar mit dem heutigen Frankfurt", sagt Hasselwander beim Betreten der Stadt durch eines der großen Tore, das sich durch Wälle auf beiden Seiten durchaus als solches erahnen läßt.

Regional bedeutende Großstadt

Auch von der Fläche her war das Oppidum in etwa so groß wie Frankfurt im Mittelalter. Mit seiner zehn Kilometer langen Stadtmauer und einer Fläche von 130 Hektar war das Oppidum eine der größten vorgeschichtlichen Siedlungen in Deutschland und europaweit eine der bedeutendsten Keltenstädte. Hier sollen auch die Münzen, mit denen in der Region gehandelt wurde, geprägt worden sein: Der Nauheimer Quinar, der mit seinem Keltenkopf als Symbol für den Rundwanderweg gewählt wurde. Wie es in dem Oppidum ausgesehen haben mag, kann man nur vermuten, denn größere Ausgrabungen fehlen bis heute.
Prof. Rittershofer erläutert.

Archäologie-Professor Karl-Friedrich Rittershofer (hier mit FR-Lesern) erläutert eine von 16 Info-Tafeln auf dem Kelten-Rundwanderweg.

Innerhalb der Siedlung stößt der Wanderer immer wieder auf Wälle, also ehemalige Mauern, deren Bedeutung nicht ganz klar ist. „Vielleicht haben sich die einzelnen Kasten abgetrennt. Oder die kämpferischen Kelten waren untereinander so verfeindet, daß sie sich auch innerhalb der Stadtmauer voreinander abschotteten", vermutet Hasselwander. Das Kastenwesen sei sehr ausgeprägt gewesen. So sollen auf der geräumigen Hochebene in der Stadt die Adligen gewohnt haben. Das sei der Akropolis-Teil, eben und mit Blick über die sanften Taunushügel. Das einfache Volk wohnte an den Hängen. Schön zu erkennen sind die Terrassen, die von den Kelten angelegt wurden, um dort ihre Häuschen mit Gras- und Schilfdächern zu bauen. Nachträglich aufgeschichtete Steinreihen

lassen die Bau- und Lebensweise auf den so genannten Wohnpodien erahnen. Neben dem Wohnhaus war Platz für ein kleines Vorratshaus, wie die Schautafeln verdeutlichen. Wie die Kelten wirklich gelebt haben? Man könne sie sich durchaus wie Asterix und Obelix in farbenfrohen Kleidern vorstellen, meint Klaus Hasselwander. Nur Wildschweine hätten sie nicht verzehrt, die Kelten hielten Kühe und Schweine. Seine Keltenexkursion schmückt der Hobby-Archäologe immer wieder mit Geschichten aus. Wie der von den schlechten Zähnen der Kelten. Ursache dafür sei das mit viel Stein gewürzte Brot gewesen. Reste alter, abgewetzter Stein-Getreidemühlen wurden im Oppidum ebenfalls gefunden.

Nächste Führung über den Keltenrundwanderweg ist am Samstag, 10. Juni 2006. Treffpunkt: 14 Uhr Wanderparkplatz Hohemark.

 

DER KELTENWEG

- Der archäologische Rundweg führt von der Fußgängerbrücke an der Endstation Hohemark der U 3 auf einer 4,3 Kilometer langen Strecke über die Goldgrube, den westlichen Teil der vorgeschichtlichen Keltensiedlung.

- An 16 Stationen erläutern Tafeln mit Rekonstruktionen, Karten und Bildern m deutscher, englischer und französischer Sprache die im Gelände sichtbaren Überreste wie Stadtmauern, Tore und Siedlungsflachen In den letzten drei Jahrhunderten v. Chr. haben hier tausende Menschen gelebt.

- Der Großteil der Funde aus dem Heidetränk-Oppidum befindet sich heute im Vortaunusmuseum am Marktplatz in Oberursel FB

Frankfurter Rundschau – 23.5.06 – mit freundlicher Erlaubnis der FR