Mehr als eine Geschichte der Intoleranz
Barbara Dölemeyer beschreibt die Glaubenswanderung der Hugenotten / Spuren in Dornholzhausen

VON GÜNTHERSCHERF

Bad Homburg - Von ihrem Traum einer geschlossenen Kolonie oder eines französisch- protestantischen Staats ist nichts geblieben, ihre Spuren sind dennoch allgegenwärtig - die der Hugenotten in Deutschland. Hugenottische Familiennamen wie Lebeau, Foucar oder Rousselet sind in der einstigen Landgrafschaft Hessen-Homburg noch heute geläufig, Grabstätten mit französischen Inschriften existieren noch in Friedrichsdorf und Dornholzhausen.

Von 1685 an verließen rund 200.000 Protestanten Frankreich, weil Ludwig XIV. ihre Rückkehr zum katholischen Glauben forderte. Sie wanderten nach Amerika, nach Südafrika, vor allem aber nach Deutschland aus. Einer der ersten deutschen Herrscher, der ihnen Asyl gewährte, war Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg - nicht ohne Eigennutz, weckten die als fleißige Handwerker bekannten Flüchtlinge doch Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung.

Siedler gründen Friedrichsdorf

Friedrich II. bot Bauland und sechs Jahre Steuerfreiheit an - und so gründeten rund 50 Siedler Friedrichsdorf, andere siedelten sich in der Homburger Neustadt an, die (ebenfalls aus religiösen Gründen aus Frankreich geflüchteten) Waldenser schließlich zogen nach Dornholzhausen.

Die Bad Homburger Historikerin Barbara Dölemeyer, Professorin für Rechtsgeschichte in Gießen und am Frankfurter Max-Planck-Institut, rollt jetzt in einem Buch die Geschichte der Hugenotten in Frankreich, ihre Fluchtwege und die unterschiedliche Aufnahme an ihren Zufluchtsorten auf - und setzt sie in Bezug zu den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Hugenotten. „Ihre Geschichte ist nicht nur die Geschichte eines Martyriums oder der Intoleranz", sagt Dölemeyer: „Diese große Glaubenswanderung muß vielmehr innerhalb der europäischen Politik des 17. und 18. Jahrhunderts und im Zusammenhang der Migration in Europa betrachtet werden."

Dölemeyer, Vorsitzende des Bad Homburger Geschichtsvereins, geht auch auf die Konflikte zwischen der fremden „privilegierten" Minderheit in einzelnen Hugenottenkolonien und den Einheimischen ein.

Barbara Dölemeyer: Die Hugenotten. Urban Taschenbuch, Stuttgart 2006, 18 Euro

Frankfurter Rundschau – 7.11.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR