Kistenweise Geld aus Amerika Bad Homburg: Die Stadt feiert 60 Jahre Währungsreform mit Vorträgen und Ausstellung
Von Martina Propson-Hauck
Bad Homburg ist die Stadt des Geldes. Und das nicht nur, weil hier sehr wohlhabende Menschen leben. Bad Homburg war der frühe "Think Tank" von Währungsreform und Wirtschaftswunder. Und weil sich am 21. Juni die Währungsreform zum 60. Mal jährt, besinnt sich die Stadt auf ihr währungspolitisches Erbe mit einem wahren Veranstaltungsmarathon: viele Vorträge, eine Ausstellung im Gotischen Haus und eine Exkursion ins Währungsmuseum nach Fuldatal-Rothwesten.
Doch der Reihe nach. Zur Vorbereitung einer Währungsreform nach deutschen Vorstellungen richtete der Deutsche Finanzrat, Vorläufer des Finanzministeriums, 1947 in der Bad Homburger Villa Hansa die "Sonderstelle Geld und Kredit" ein. An ihrer Spitze stand der spätere [Wirtschaftsminister und] Bundeskanzler Ludwig Erhard. In der Kisseleffstraße erinnert eine Tafel an diese Sonderstelle. Hier tüftelten die Väter der Währungs-Demokratie am sogenannten "Homburger Plan".
Im April 1948 beginnt der Countdown zum amerikanischen Krimi Währungsreform: Die entscheidenden Leute werden in einem Bus mit weiß bemalten Scheiben in die amerikanische Kaserne Fuldatal-Rothwesten gebracht. In einer an die Papstwahl erinnernden Konklave tüfteln sie an den Details der Umsetzung. Diesen sieben Wochen lang währenden "Ausflug" bietet die Volkshochschule zum Jahrestag als einmaligen Tagesausflug an.
Neuer Anfang mit 40 Mark
Am 18. Juni erfährt Erhard den Termin der Währungsreform, drei Tage vor der Verwirklichung: Jeder Bundesbürger vom Säugling bis zum Greis erhält am 21. Juni 1948 40 Deutsche Mark, später noch weitere 20. Genau geregelt ist auch der Umtausch von Sparguthaben, Aktien und Immobilien.
"Schon 1947 haben die Amerikaner die Geldscheine in Amerika gedruckt, die wurden kistenweise in Bremerhaven ausgeladen", sagt Siegfried Blasche. Er ist heute Geschäftsführer der ebenfalls 1947 gegründeten Wirtschaftspolitischen Gesellschaft Bad Homburg und Mitveranstalter der Vorträge zur Währungsreform.
Das Gotische Haus hingegen nähert sich dem Thema nicht nur wirtschaftshistorisch, sondern ganz lebenspraktisch: Ausstellungsmacherin Roswitha Mattausch zeigt etwa ein Küchensieb, das zuvor ein Stahlhelm war, einen Kartoffelstampfer mit Handgranatengriff oder ein Brautkleid aus Fallschirmseide, um Wohnungsnot, Lebensmittelmangel, Schwarzmarkt und Zigarettenwährung der Nachkriegsjahre zu veranschaulichen. Auch eine der eingeschifften Geldkisten wird zu sehen sein. Als Tarnung waren die Kisten ironischerweise mit dem englischen Begriff für Türöffner versehen ("doorknob"). Die D-Mark öffnete Türen, in der Tat.
Das Kurhaus entsteht, das erste Hochhaus, Wohnsiedlungen, Schulen und die typischen Fünfziger-Jahre Villen. Es ist die Zeit der heimischen Horex, von Mobilität und Urlaub im Süden. Der Bad Homburger ist angekommen.
So sah der erste Hunderter made in USA aus: Am 21. Juni 1948 wurden pro Kopf aber nur 40 D-Mark ausbezahlt. Bild: Deutsche Bundesbank
VERANSTALTUNGEN
Gerta Walsh "Das Leben in Bad Homburg zwischen Kriegsende und Währungsreform", Mittwoch, 4. Juni, 19.30 Uhr, Gotisches Haus
Herbert Alsheimer "Leitsätzegesetz des Frankfurter Wirtschaftsrates und seine Bedeutung für die Währungsreform", Mittwoch, 11. Juni, 19.30 Uhr, Ludwig-Erhard-Forum, Landratsamt
Jürgen Stark (EZB) "Von der Hyperinflation in Deutschland zur einheitlichen europäischen Währung", Freitag, 20. Juni, 19.30 Uhr, Englische Kirche
Helmut Schiebner "Bad Homburg und die Deutsche Mark", Freitag, 27. Juni, 19.30 Uhr, Englische Kirche
Vhs Exkursion ins Geldmuseum nach Fuldatal-Rothwesten, Mittwoch, 18. Juni, 8.30 Uhr, Anmeldung bis 11. Juni, Tel. 0 61 72 / 2 30 06
Ausstellung "Der Tag X. Nachkriegselend, Währungsreform, Wirtschaftswunder", Gotisches Haus, Tannenwaldweg 102: abgelaufen.
Frankfurter Rundschau – 28.5.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR
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