Bagger deckt ein Klostergewölbe auf
Königstein: Bei der Stadtplatz-Umgestaltung werden Kirchenmauern sichtbar / Erhaltung gefordert

Von Klaus Nissen

Der Parkplatz-Asphalt war schon aufgerissen. Den Boden darunter hatte der Bagger einen Meter abgegraben. Da stieß er am Wochenende auf die Königsteiner Vergangenheit: das Kapuzinerkloster an der Ecke Hauptstraße und Georg-Pingler-Straße.

Freigelegt ist die meterdicke, etwa zehn Meter lange Grundmauer der Klosterkirche aus Bruchsteinen, die an den Enden in Richtung Stadtplatz abbiegt. An einem Ende buddelte die Baufirma aus Erbenheim den oberen Teil eines Gewölbes frei. Ob darin noch größere Hohlräume erhalten sind, war am Montag unklar. Heute schauen sich Fachleute vom Wiesbadener Landesamt für Archäologie die Fundstätte an.

Dann wird entschieden, ob diese Mauern ganz ausgegraben werden. Oder ob man sie beseitigt und darüber wie geplant die Sitzstufen für den neuen Stadtplatz anlegt. Zur Altstadt hin ist das Gelände 1,80 Meter tiefergelegt worden. Es soll ein Natursteinpflaster bekommen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Hees plädiert dafür, die Klostermauern in den neuen Stadtplatz zu integrieren: „Wenn wir unsere Geschichte bewahren und achten wollen, müssen wir diese Funde respektieren, erhalten und für die Nachwelt sichtbar machen."

In drei Jahren feiert Königstein 700-jähriges Bestehen, sagt Rudolf Krönke. Der Vorsitzende des Vereins für Heimatkunde möchte die alten Mauern ebenfalls in den neuen Stadtplatz integrieren und mit einer Hinweistafel ihre Geschichte erläutern. Das sei machbar, aber teuer, gibt Bürgermeister Leonhard Helm (CDU) zu bedenken. Er sucht Sponsoren für die Erforschung und Konservierung der Kloster-Reste.

Die Kapuziner ließen sich laut Denkschrift des Heimatkunde-Vereins 1646 im vom Dreißigjährigen Krieg verwüsteten Königstein nieder. In den baufälligen Mauern des schon 1540 aufgegebenen Kugelherren-Stifts wohnten sie, bis ihnen der Mainzer Erzbischof Franz von Ingelheim 1681 den 1100 Quadratmeter großen Stechgarten überließ. Die Mauersteine für das neue Kloster holten sie aus einem Steinbruch in Falkenstein. Bis zu sieben Maurer, drei Pferde und zwei Esel waren am Bau beteiligt, so die Chronik. Die Kapuziner lebten bescheiden in 17 Zellen. Auch in den Zeiten der Pest pflegten sie Kranke und bauten Pfarrgemeinden auf.

1813 wurde das Kloster vom Staat geschlossen; Gottfried Pfaff machte die hinteren Klostergebäude zum Gasthaus. Um 1880 stiegen im Hotel Pfaff Leute wie der Prince of Wales und das rumänische Königspaar ab. Von 1918 bis 1924 lebten französische Besatzungssoldaten im Gebäude. 1929 wurde es schließlich abgerissen und wie auch das Kloster vergessen. Später stand ein Kiosk an der Stelle, dann wurde das Areal zum Parkplatz.

Frankfurter Rundschau - 23.11.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR