Der Lehrer, dein Freund und Förderer
Friedrichsdorf: Ausstellung zum 200. Geburtstag des Schulgründers Louis Frédéric Garnier

Von Anton J.Seib

Er war Lehrer, Förderer der Wissenschaft, gewiefter Geschäftsmann. Als Leiter des Knabeninstituts machte er seine Heimatstadt weltweit bekannt. Louis Frederic Garnier, der Gründer der Friedrichsdorfer Lehr- und Erziehungsanstalt Garnier, wäre am 18. Juli 200 Jahre alt geworden. Der Sohn eines Wollfabrikanten befolgte den Rat eines Onkels und unterrichtete Kinder in französischer Sprache, der Muttersprache der Hugenotten. Schnell reifte im jungen Louis der Gedanke, eine eigene Schule zu eröffnen.

Er finanzierte die physikalischen Experimente seines Zöglings Philipp Reis

Er besuchte das Lehrerseminar in Friedberg, später studierte er in Darmstadt und Paris. 1836, er hatte gerade seine Frau Elise geheiratet, gründete Garnier die Lehr- und Erziehungsanstalt. Anfangs war die Schule in der Neugasse, heute Bahnstraße 6, untergebracht, kurz darauf zog sie um in die Hauptstraße, heute Hugenottenstraße 107. Das Knabeninstitut expandierte rasch. Der Unterricht war auf den Nachwuchs von Kaufmannsfamilien zugeschnitten. In der Matrikelliste, die heute im Stadtarchiv aufbewahrt wird, findet sich der Name Marius Müller aus der Sekt-Hersteller-Dynastie „MM".

Auf dem Lehrplan standen Englisch und Französisch, Mathematik und sogar doppelte Buchführung. Gelernt wurde von sechs bis 20 oder 21 Uhr. Der Stundenplan ist noch heute im Philipp-Reis-Haus zu sehen.

Der Ruf des Instituts lockte Schüler aus England und Frankreich, Amerika und Rußland, selbst aus China an. Deren Eltern ließen sich den Aufenthalt in Friedrichsdorf etwas kosten: 500 Gulden pro Semester - soviel verdiente damals ein Lehrer im ganzen Jahr.

Die Schule machte Garnier zu einem wohlhabenden Mann, auch die Geschäfte in der Stadt profitierten, selbst die Gaststätten. Denn den rund 80 Schülern stand damals eine tägliche Ration Bier zu. „Bier war Lebensmittel", erklärt Erika Dittrich, Leiterin des Philipp-Reis-Museums, das dem Institut Garnier eine Dauerausstellung widmet.

Prominentester Zögling war zweifelsohne der junge Philipp Reis. Der Waisenjunge besuchte von 1844 bis 1848 das Internat. Garnier entdeckte dessen Talent und förderte ihn. Er stellte Reis 1858 als Lehrer ein, obwohl dieser keinen Abschluß hatte, zudem finanzierte er die physikalischen Experimente seines Zöglings, der 1860 das Telefon erfand.

Im Lauf der Jahre expandierte das Institut. Es umfasste neben dem Schulbau zwei Nachbarhäuser und das Ökonomiegebäude, den institutseigenen landwirtschaftlichen Betrieb.

1861 übergab „le fundateur" (der Gründer), wie sich Garnier gerne nennen ließ, an seinen Schwiegersohn Karl Wilhelm Schenk, der die Schule später zusammen mit Garniers Sohn Leon in einer konfliktreichen Doppelspitze leitete. Nach dem Ersten Weltkrieg verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation. Der Wegfall des „Einjährigen", das die Wehrzeit verkürzte, ließ die Schülerzahlen sinken. Schließlich wurde das Institut Garnier 1925 in eine städtische Mittelschule, die Vorgängerin der heutigen Philipp-Reis-Schule, umgewandelt.

Zu dieser Zeit war Louis Frederic Garnier schon lange tot. Er starb am 14. Januar 1882. Seine Schüler, die Garnier als gerechten Lehrer, Förderer und Freund in Erinnerung hatten, widmeten ihm eine Porträtbüste, die heute am Eingang der Bücherei steht.

Am 17. Juli wird im ersten Stock des Rathauses die Ausstellung „Louis Frédéric Garnier und seine Lehr- und Erziehungsanstalt" eröffnet.

Der Lehrer Louis Frédéric Garnier

Louis Frédéric Garnier. - Schüler im Hof des Instituts Garnier:
STADT FRIEDRICHSDORF (2)

Frankfurter Rundschau - 8.7.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR