Mahnmal bekommt Kontur
Oberursel: Gesucht werden Förderer für das Denkmal zur Erinnerung an die Nazi-Opfer
Von Jürgen Streicher

Die Mutter, die ihr Baby an sich preßt, um es zu schützen, ist schon gut zu erkennen. In den nächsten Wochen wird Christine Jasmin Niederndorfer in ihrer Steinbildhauerwerkstatt im Gewerbegebiet Süd ihre Konturen noch weiter aus dem Jura- Kalksteinblock heraushauen und ihr in groben Zügen ein Gesicht geben. Dann soll die Figur auch bald aufgestellt werden, zur Erinnerung und zur Mahnung. Es ist die erste Skulptur für das geplante "Denkmal zur Erinnerung an die Oberurseler Opfer der Verfolgung durch den Nationalsozialismus".

"Es ist utopisch, daß wir die fast 100.000 Euro auf einmal zusammenbekommen“, sagt Eberhard Laeuen, einer der Initiatoren des Denkmal-Projekts von der Arbeitsgemeinschaft ,,Nie wieder 1933". Deshalb sollen der bereits fertige Mittelblock und die Mutter mit ihrem Kind noch dieses Jahr aufgestellt werden. "Die Leute sollen schon etwas sehen können. Wir hoffen, daß wir dann weitere Sponsoren finden, die die Kosten für eine der anderen zehn Figuren übernehmen." Geplant seien außerdem weitere Benefiz- Veranstaltungen.

Das Denkmal besteht im Modell aus einem rechteckigen bruchrauhen Steinblock, auf dessen gegenüberliegenden Seiten sich Figurengruppen von jeweils fünf Statuen gegenüberstehen. Die eine Seite soll die ,,Mehrheitsgesellschaft" darstellen, die andere die Verfolgten, zu denen auch die Mutter mit dem Kind gehört.

In der Mitte des Steinblocks steckt eine Glasscheibe, die die Trennung zwischen Tätern und Opfern des Nationalsozialismus symbolisieren soll. Das etwa vier Meter lange, 2,30 Meter hohe und 1,20 Meter breite Mahnmal soll auf dem kleinen Platz zwischen der Hospitalkirche und dem Alten Hospital errichtet werden. Bewusst wurde ein ruhiger Platz ausgewählt. Ein Mahnmal zur Erinnerung passe besser an einen Ort, an dem Menschen stille Einkehr halten können. An einen Ort, wo früher das Leben war - das Leben der Mensmahnmal Oberursel817chen, an die nun erinnert werden solle.

Christine Jasmin Niederndorfer bei der Arbeit. (rechts)

Die Liste der Opfer jüdischer Herkunft, die in Oberursel lebten, umfaßt 27 Namen. Diese werden zusammen mit Geburts- und Sterbedaten mit Sandstrahltechnik umlaufend in die Scheibe eingraviert, so daß sie von beiden Seiten lesbar sind. Sie sollen den Betrachter anregen, das Denkmal zu umschreiten und aus verschiedenen Perspektiven wahrzunehmen.

Die Stadt sieht sich als Unterstützer und will sich um EU-Fördermittel bemühen, als Finanzier sieht sie sich nicht. Ein SPD-Antrag auf ,,Anschubfinanzierung" wurde im Stadtparlament von der Mehrheit abgelehnt. Der städtische Bau & Service (BSO) wird die Fundament-Arbeiten aber ohne Rechnung leisten.

 

DENKMAL-PROJEKT

Die AG "Nie wieder 1933" hat im Frühjahr 2005 angeregt, ein Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus aus Oberursel aufzustellen. Eine Jury hat den Entwurf der 17-jährigen Gymnasiastin Juliane Nikolai aus Oberursel zur Verwirklichung ausgewählt.

Für das Projekt werden rund 90.000 Euro benötigt, die durch Spenden aufgebracht werden müssen. Im Topf sind bisher etwa 20.000 Euro.

Für das Projekt "Denkmal zur Erinnerung an die Oberurseler Opfer der Verfolgung durch den Nationalsozialismus" wurde ein Spenden-Konto eingerichtet: Stadt Oberursel, Konto 1536 265 200, BLZ 500 10 111 (SEB AG Frankfurt), Stichwort "Opferdenkmal" .

Frankfurter Rundschau - 8.9.07 - mit freundlicher Erlaubnis der FR