Nazi-Lehrer machten Norbert Strauß das Leben schwer
Der 77-jährige gebürtige Bad Homburger reist aus den USA an, um mit Jugendlichen zu sprechen
VON ANGELIKA RIEBER

Seit Jahrhunderten war die Familie Strauß in Deutschland verwurzelt und dabei eng mit verschiedenen Orten des Taunus verbunden. Das Leben in Bad Homburg empfand der hier 1927 geborene Norbert Strauß zunächst als relativ normal. Dies änderte sich, als er 1933 in die Landgraf-Ludwig-Schule kam. Während ihn seine Klassenkameraden offensichtlich anständig behandelten, verbindet er mit dem Klassenlehrer, der im Braunhemd in die Schule kam, äußerst negative Erinnerungen.

Um die Kinder vor weiteren Schikanen zu schützen, entschied sich die Familie 1935 nach Frankfurt zu ziehen. Dort erlebte der elfjährige Junge am 10. November 1938 die Verhaftung seines Vaters und Onkels, die zunächst in die Festhalle, später in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht wurden. Vier bange Wochen später wurde Josef Strauß wieder freigelassen. Ihm gelang es, 1939 aus Deutschland auszuwandern. Seine Frau und die beiden Söhne konnten ihm erst im Januar 1941 folgen.

Auch wenn es Norbert Strauß in der neuen Heimat gelang, sich einzugewöhnen und auch beruflichen Erfolg zu erreichen, vergaß er später nicht die harten Anfangsjahre in der neuen Heimat und die Spuren, die die Diskriminierungs-Erfahrungen in Deutschland hinterließen. Bei Geschäftsreisen, die ihn oft nach Europa führten, übernachtete Norbert Strauß nie in Deutschland. Nur einmal, 1958, führte ihn sein Weg nach Frankfurt, widerstrebend. Sein Vater hatte ihn dringend darum gebeten, in Schmitten nach den Gräbern der Vorfahren zu schauen. Norbert Strauß suchte alle Orte auf, mit denen er Erinnerungen verband, aber vermied den Kontakt zu den Menschen. Er verließ Deutschland ohne zu bedauern und ohne glückliche Erinnerungen, sagt der frühere Bad Homburger.

Seine Haltung änderte sich mit einer Einladung der Stadt Frankfurt. Norbert Strauß zögerte, erkundigte sich bei früheren Besuchern der Stadt, die ihm berichteten, sie hätten Menschen kennen gelernt, die bereit seien zuzuhören. Er suchte den Rabbiner auf, der ihn aufforderte, die Einladung anzunehmen, um mit Jugendlichen zu sprechen. Norbert Strauß entschied sich für den Besuch. Allerdings musste er ihn 2003 wegen des Todes seiner Schwägerin abbrechen.

Nun gelingt es, Norbert Strauß kommende Woche mit Unterstützung der Stadt Bad Homburg, des Hochtaunuskreises, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und des Kaiserin Friedrich-Gymnasiums nach Bad Homburg zu holen. Auf dem Programm stehen Gespräche mit Schülerinnen und Schülern des KFG, der Humboldtschule und der Philipp-Reis-Schule, ein Treffen mit der Oberbürgermeisterin, und Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs sowie ein Besuch in Schmitten.

Norbert Strauß stammt aus Bad Homburg, musste 1941 aber in die USA fliehen. Der in New Jersey lebende 77-jährige Kaufmann besucht ab Montag seine Heimat.

GASTBEITRAG

Die Historikerin Angelika Rieber aus Oberursel ist Initiatorin des Projektes „Jüdisches Leben in Frankfurt", das im Rahmen eines jährlichen Besuchsprogramms der Stadt Frankfurt Gespräche mit Zeitzeugen in Schulen vermittelt. Sie organisierte auch den Besuch von Norbert Strauß kommende Woche m Bad Homburg. Norbert Strauß, 1927 in Bad Homburg geboren, musste Deutschland 1941 verlassen. Heute lebt er in den USA. Nes

Frankfurter Rundschau  – 8.7.05 - mit freundlicher Genehmigung der FR
8.7.05