Das verkannte Genie
Friedrichsdorf: Philipp Reis wäre am 7. Januar 175 Jahre alt geworden

Von Anton J. Seib

So richtig getraut haben sie dem jungen Physiklehrer aus Friedrichsdorf anfangs nicht. Es war, so wird überliefert, am 26. Oktober 1861, als Johann Philipp Reis im Physikalischen Verein in Frankfurt seine Erfindung vorführte. Draußen im Garten saß sein Schwager an dem merkwürdigen Apparat, Fernsprecher genannt, und las aus einem Buch vor.

Drinnen lauschte der Erfinder am anderen Apparat und wiederholte den Text. Reis kenne womöglich das Buch, moserte ein Skeptiker - und sprach selbst den legendären Satz ins Telefon, den Reis unmöglich kennen konnte: „Das Pferd frißt keinen Gurkensalat." Der Erfinder verstand zwar nicht genau, was das Pferd frißt, aber die Wissenschaftler zeigten sich überzeugt - es war die Geburtsstunde der modernen Telekommunikation. Am 7. Januar wäre Johann Philipp Reis 175 Jahre alt geworden.

Reis wurde als Sohn eines Bäckers in Gelnhausen geboren. Nachdem die Eltern früh gestorben waren, wuchs er bei der Großmutter in Friedrichsdorf auf. Dort besuchte er das Institut Garnier, an das er später als Lehrer unter anderem für Physik zurückkehrte. Zusammen mit seiner Frau lebte er in dem Haus Hugenottenstraße 93, dem heutigen Philipp-Reis-Museum. Dort ging er seiner Neigung nach, dem „Tüfteln und Bosseln", wie er einmal bemerkte. Unter anderem entwickelte Reis einen Wassermesser, um die gleichmäßige Versorgung der Stadt mit Frischwasser sicherzustellen.

Holzohr als Vorbild

Und eben den Fernsprecher. Sein Geniestreich: einen Stromkreis mittels Schallwellen zu schließen und somit Schall über weite Strecken übertragen zu können. Ein aus Holz geschnitztes Ohr für den Unterricht diente als Sendegerät, als Empfänger eine Stricknadel, die mit Kupferdraht umwickelt war. Die auf diese Spule übertragenen Töne wurden über den Schallkasten einer Geige verstärkt. Reich wurde der Physiker mit seiner Erfindung nicht, Wissenschaft und Industrie verkannten lange das Potential des Fernsprechers. Erst der Amerikaner Alexander Graham Bell vermarktete die Idee.

Am 14. Januar 1874 starb Reis an den Folgen einer Schwindsucht. Er ist auf dem Friedrichsdorfer Friedhof beigesetzt.

DAS PROGRAMM

Sonderausstellung zum Thema Telefon im Heimatmuseum Seulberg.
Weitere Infos über Veranstaltungen zu Philipp Reis gibt die Homepage: www.friedrichsdorf.de.

Frankfurter Rundschau - 5.1.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

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Und das Denkmal für Philipp Reis in Friedrichsdorf - etwas ganz anderes!