Unter dem Schulhof liegen noch Tontöpfe
Neue Funde rund um die Bommersheimer Raubritterburg / Archäologen forschen auf Schulgelände / 200.000 Euro für Grabungen
von Jürgen Streicher

Archäologen haben beim Graben auf dem alten Schulgelände in Bommersheim Scherben und Keramikreste sowie Teile einer Schwellbalkenkonstruktion gefunden, die vermutlich aus der Zeit der Bommersheimer Raubritter im 13. und 14. Jahrhundert stammen.

Oberursel - Jessica Meyer sieht, was andere nicht sehen. Sie gehört zu den Menschen, die in einer Baugrube viel mehr entdecken können als andere mit einem weniger geschulten Blick. Erdverfärbungen sind für die Archäologin aus Wiesbaden Zeichen für vergangenes Leben, etwa den Standort eines Herdes. Ganz vorsichtig sind sie und das siebenköpfige Team um sie herum daher beim Graben in verbrannter Erde. Sozusagen unter dem Schulhof der alten Bommersheimer Burgwiesenschule suchen die Archäologen nach neuen Erkenntnissen in Zusammenhang mit der früheren Raubritterburg.

Spektakuläre Funde kann Jessica Meyer nach den ersten zwei Grabungswochen noch nicht melden. Einen Graben haben die Forscher hinter der alten Mehrzweckhalle entdeckt, darin Scherben und Teile von Töpfen aus dem Mittelalter. Das Alter eines ausgebuddelten Baumstamms, der im feuchten Boden konserviert wurde, soll mit Hilfe der sogenannten Dendrochronologie bestimmt werden, einer Datierungsmethode, bei der die Jahresringe des Baumes gezählt werden. Ob es sich ein paar Meter daneben bei den Steinen um eine Hofpflasterung handelt, sollen weitere Untersuchungen ergeben. Eine Kollegin von Jessica Meyer sitzt am Rand der Baustelle und fertigt dazu eine detaillierte Zeichnung von der Fundstelle an.

Grabungen bis Ende September

Für die Dokumentation des gesamten Areals werden die einzelnen Fundstellen fotografiert, mit dem Tachymeter exakt vermessen, danach gezeichnet und in allen Einzelheiten beschrieben. Routineuntersuchungen, wie sie die hessische Denkmalschutzgesetzgebung vorschreibt, wenn sich Bagger in vermutete historische Substanz fressen. Rund 200.000 Euro extra müssen Stadt und Kreis für die archäologischen Untersuchungen auf dem Schulgelände aufwenden. Dies sei durch die Nähe zur alten Ritterburg begründet, sagt Projektleiter Erhard Wolf vom Hochbauamt des Kreises. Bis Ende September dürfen die Archäologen graben. Die alten Mauerreste unter der früheren kleinen Turnhalle erkennt Jessica Meyer schnell als Relikte aus der Zeit um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Ein Stück weiter hinten, schon in Nähe der wiederaufgebauten Burghofmauer, versprechen die Zeichen mehr. Dieser Bereich wird im Detail geputzt, quadratmeterweise arbeiten sich die Archäologen und Archäologie-Studenten vorwärts. Einige hundert Quadratmeter haben sie noch vor sich. Auch an der Stelle, wo noch die alte Mehrzweckhalle für die Schule und die Ortsteilvereine steht. Danach soll der Neubau der Schule auf dem historischen Boden beginnen.

Mehr als 15 Jahre nach der Entdeckung von Resten der mittelalterlichen Burg Bommersheim erhoffen sich auch Heimatforscher durch die Grabungen neue Erkenntnisse. Wiederentdeckt wurde die Burganlage mitten im Ort direkt hinter der Barockkirche St. Aureus und Justina 1988 beim Bau eines Kindergartens. Von der 1382 von der Stadt Frankfurt zerstörten Feste fanden die Wissenschaftler Ringmauern und Gräben, in die die Eroberer ihre Beute geworfen hatten. Grund für die Strafexpedition der Frankfurter waren Überfälle der Bommersheimer Ritter auf Frankfurter Kaufleute. Sie wurden der Überlieferung nach nicht nur ausgeraubt, sie mußten auch in Kerkern schmoren.
Burg Oberursel791

Archäologin Jessica Meyer ist fündig geworden - das Tongefäß ist vermutlich 600 bis 700 Jahre alt.

Ein fast vollständiges Burghausinventar mit Nuppengläsern, Töpfen, Krügen und Kacheln wurde 1988 im feuchten Boden gefunden. Fast vier Jahre wurde gegraben, umfangreiche Dokumentationen des Grabungsteams um Professor Karl-Friedrich Rittershofer von der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts Frankfurt und Vorsitzender des Kuratoriums Vortaunusmuseum können im Stadtarchiv und im Vortaunusmuseum eingesehen werden.

Dort sind auch viele Fundstücke ausgestellt; das Museum widmet der Burg eine eigene Abteilung.

Frankfurter Rundschau - 24.5.07 - mit freundlicher Erlaubnis der FR