Ein Zeichen der Solidarität
Genossenschaft stiftet Skulptur für das Opferdenkmal / Weitere Spender gesucht

Von Detlef Sundermann

Die Oberurseler Wohnungsgenossenschaft (OWG) verzichtet auf eine Feier zum 110-jährigen Bestehen und stiftet das Geld für die weitere Vervollständigung des Denkmals zur Erinnerung der Opfer des Nationalsozialismus. Eine zweite lebensgroße Marmorfigur steht seit gestern auf dem Hospitalhofplatz. Das Ensemble der Gedenkstätte soll einmal aus zwei Personengruppen mit je fünf Skulpturen bestehen, die von einer stilisierten Stadtsilhouette getrennt werden.

Die Gruppe der Verfolgten und der sogenannten Mehrheitsgesellschaft der Nazi-Zeit sollen zudem von einer Glasscheibe separiert werden. In dieser Scheibe werden die Namen samt der persönlichen Daten ehemaliger jüdischer Mitbürger in Oberursel geschrieben, die verschleppt und ermordet wurden. Mehr als 30 Inschriften wird es geben. Für diese Erinnerungstafel sucht der Verein Initiative Opferdenkmal aus der Arbeitsgemeinschaft „Nie wieder 1933" ebenfalls noch Geldgeber.

„Daß es noch seine Zeit braucht, bis das Denkmal vervollständigt ist", darin sieht Bürgermeister Hans-Georg Brum (SPD) „keinen Makel". Damit werde das Denkmal seinem Charakter des bürgerlichen Engagements gerecht. Das Denkmal bleibe auf diese Weise ständig im Gespräch, „dies vertieft das Bewußtsein der Bevölkerung", sagt er.

Von dem schwärzesten Kapitel deutscher Geschichte sei auch die OWG nicht unbehelligt geblieben, sagte gestern bei der offiziellen Übergabe der Figur Aufsichtsratsmitglied Bert Rauscher. Das Unternehmen hat seine Wurzeln im damaligen Bau- und Sparverein, der ab 1933 von den Nazis aus politischen Gründen unterwandert und gleichgeschaltet wurde.

Juden erhielten keine Wohnung

Die Mieterklientel des Bau- und Sparvereins bestand überwiegend aus Arbeitern, denen per se eine linke Gesinnung unterstellt wurde. Der Lackierer Franz Hartmann habe sich als Ortsgruppenführer der NSDAP als sogenannter Rechner in den Vorstand gedrängt. Auch wenn es in dem Gremium weiterhin Regimegegner gab, war der Bau- und Sparverein damit fest in der Hand der Nazis. Alle Versammlungen seien von da an in Hartmanns Wohnung abgehalten worden. Sie sei zur Geschäftsstelle des Vereins geworden, sagt Bert Rauscher.

1941 wird die Satzung geändert. An Juden durfte nicht mehr vermietet werden. Zwei Jahre später fusionierte der Bau- und Sparverein mit der Genossenschaft Spar- und Eigenheim zur Oberurseler Wohnungsgenossenschaft.

Mit der ersten Skulptur in der Gruppe der Täter, Mitläufer und Wegsehenden am Denkmal „bekundet die Oberurseler Wohnungsgenossenschaft öffentlich ihre Solidarität mit den Opfern der Nazi-Diktatur", so Rauscher.

Viel mehr, auch über Infos und Spenden zum Denkmal unter
www.opferdenkmal-oberursel.org

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Die neue Skulptur ergänzt das Denkmal zur Erinnerung an die NS-Opfer. Michael Schick


Frankfurter Rundschau - 12.3.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR