Mehr als 1500 Namen
Gedenkstätte auf dem Michelsberg soll an die jüdischen Opfer erinnern / Anwohner kritisieren Höhe der Wand

Die Stätte des Namentlichen Gedenkens der jüdischen Opfer des nationalsozialistischen Terrors soll am 9. November nächsten Jahres ihrer Bestimmung übergeben werden. Die Bauarbeiten für die Gedenkstätte am Platz der ehemaligen Synagoge am Michelsberg sollen im März beginnen.

Vorname, Familienname, Geburtsname, Geburtsjahr, Todestag und Todesort sollen auf der Gedenkwand an die jüdischen Opfer aus Wiesbaden erinnern. Mehr als 50 000 Buchstaben werden an die steinerne Wand plaziert. 1503 Menschen haben Mitarbeiter des Stadtarchivs inzwischen ermittelt. Kulturdezernentin Rita Thies rechnet damit, daß weitere Namen hinzukommen.

Sieben Meter hoch wird die Gedenkstätte sein, die die Namen der Opfer trägt. Ihre Außenwände stehen da, wo sich der Sockel der im November 1938 von Nationalsozialisten niedergebrannten und später abgerissenen jüdischen Synagoge befand.

Die Höhe der Wand ist es denn auch, wegen der sich Anwohner sorgen. Sie befürchten beispielsweise, daß der Schall reflektiert wird und vom Schulberg aus die Sicht auf die Stadt beeinträchtigt wird. Auch die auf gepflasterten Natursteine auf der Coulinstraße in Höhe der Gedenkstätte sorgen bei der Bürgerinformation für kritische Nachfragen von Anwohnern.

Landschaftsarchitektin Barbara Willecke, Siegerin des von der Stadt ausgelobten Ideenwettbewerbs, sagt: „Die Gedenkstätte soll nicht nerven." Deshalb werde alles getan, um „Geräuschveränderungen" mit modernsten Mitteln zu steuern und Lärm zu reduzieren. Ein „akustischer Paravent" solle zudem dafür sorgen, daß Straßenverkehrslärm beispielsweise durch Klänge („wie das Rauschen von Bäumen") übertönt werden.

Für  Dietrich  Schwarz,  Geschäftsführer   der   städtischen Stadtentwicklungsgesellschaft SEG und Projektleiter, hat die wegen ihrer Höhe kritisierte Mauer mehrere Funktionen. Zum einen stehe sie künstlerisch für das, was sie ist: Stein des Anstoßes. Zum anderen habe die Mauerhöhe wegen der Hanglage des Grundstücks eine statische Aufgabe. Willecke: „Es soll ein eigenständiger Ort geschaffen werden und kein Vorgarten." Mit dem Bau der Gedenkstätte geht auch eine Umgestaltung des gegenüberliegenden Michelsbergs mit einer Anbindung an die Fußgängerzone einher. Es sollen Bäume gepflanzt werden, die schmale Gasse vor den Häusern soll verschwinden. Eine Vorfahrt vor die Geschäfte, von der Schwalbacher Straße aus, soll es nicht mehr geben.     off 

Frankfurter Rundschau - 19.11.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR