Hochzeitstag im Bomben-Inferno
Rund 1000 Maschinen flogen am 18. März 1944 die ersten der zerstörerischen März-Angriffe auf Frankfurt

Von Claudia Michels

Wie sicher sie sich hier gefühlt haben, mitten im Krieg. Am Samstag, 18. März 1944, kurz vor 11 Uhr, hat der Gefreite Ernst Buxmann seine Braut Lieselotte in den Frankfurter Römer zum Standesamt geführt. Elf Stunden später, das frischgebackene Ehepaar feiert sein Glück bei den Eltern in Friedberg, zieht am Himmel „in der Ferne ein roter Feuerschein" auf: Frankfurt steht in Flammen. Auch der Römer, auch die Wohnung von Lieselottes Eltern in der Allerheiligengasse, wo sie hatten einziehen wollen, ist beim ersten der März-Bombenangriffe getroffen worden. Buxmanns, die heute hoch betagt in der Eschersheimer Landstraße wohnen, hatten den letzten Standesamts-Termin im Römer, bevor die Altstadt verbrannt ist.

Die Zahl der Opfer, die meisten waren verschüttet worden, betrug in dieser Nacht 421

Doch ist die kirchliche Trauung dann für sie ausgefallen. Im Jahr 1994, zu seiner Goldenen Hochzeit, hat sich das Paar den kirchlichen Segen mit Verspätung geholt. Am heutigen 18. März begehen die beiden ihren 65. Hochzeitstag. Es war unter all den freudigen Anlässen keiner darunter, an dem ihnen nicht auch die „von Sprengbomben förmlich umgepflügten" Altstadtgassen vor Augen gestanden hätten, deren trauriges Bild „Altstadtvater" Fried Lübbecke überliefert hat. „Der Samstagsangriff vom 18. März", erinnert sich Lübbecke, „zerschlug die östliche Hälfte der alten Stadt, vom Heiliggeisthospital zum Dom... Von der Alten Brücke bis zur Konstablerwache dehnte sich eine breite Schuttschneise."

Der Angriff am 18. März hatte von 21.50 bis 22.30 Uhr gedauert. „Etwa tausend Flugzeuge kamen in sechs Wellen über den Taunus eingeflogen. Starke Bewölkung und Westwind begünstigte das Entstehen von Flächenbränden. .." zeichnet der Luftwaffenhelfer Armin Schmid auf. Für das Standardwerk „Frankfurt im Feuersturm" reportiert er reihenweise nackte Daten und Zahlen, hinter denen die Gefühle in den Hintergrund treten konnten.

Hochzeitstag 002

Römer ohne Hintergrund, „Langer Franz" ohne Kopf: Frankfurt in Ruinen.
Bild: "Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main/Kurt Röhrig".

Es sind Angaben über „10 große Luftminen, 208 Sprengbomben zu 10 Zentner, 2.180 Sprengbomben zu 5 Zentner", ferner über „20.000 amerik. Flüssigkeitsbomben zu 30 kg und 800.000 Stabbrandbomben". Man findet Auflistungen von „Groß-, Mittel- und Kleinbränden", die die Stadt verheerten. 108 Frankfurter kamen ums Leben, von 380 verschütteten Personen „konnten 313 nur tot geborgen worden", bilanziert der Zeitzeuge: „Somit betrug die Zahl der Opfer 421" - nur in dieser ersten Bombennacht des März, der am 22./23. und 24. März 1944 weitere, viel schlimmere folgten.

Jahrzehntelang war es in der Stadt Gewohnheit, das Leid dieser Zeit wegzuschieben - hinter die Beschreibung der übergroßen Schuld, welche sich Deutsche in den „ewigen zwölf Jahren" zuvor aufgeladen hatten. Im dicken Band „Die Geschichte der Stadt", heraus gegeben von der Frankfurter Historischen Kommission, nimmt die Schilderung der März-Angriffe 1944 im Kapitel „Der totale Krieg" nicht mehr als 22 Zeilen ein. Die mit dieser Erinnerung lebten, versuchten es durch die Zeiten ebenfalls mit Schweigen. So auch der Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Atzbach, heute 81 Jahre alt: Nichts von „dem Schlimmsten, was ich in meinem Leben durchgemacht habe", sollte an die Oberfläche kommen, „die Erinnerung an die Stunden habe ich jahrzehntelang verdrängt".

UNTERGANG DER ALTSTADT

Zum 65. Jahrestag der Luftangriffe auf Frankfurt lädt das Institut für Stadtgeschichte am kommenden Mittwoch, 25. März, 18 Uhr, zu einem Vortrag in die Wandelhalle der Paulskirche ein. Es werden Filme aus der Stadt der 30er Jahre sowie vom Bild der Zerstörung wie von der „Wiedergeburt" 1952 gezeigt.

Daß „keine offizielle Gedenk-Veranstaltung" des Magistrats stattfinde, nennt die Fraktion der Freien Wähler BFF in einer Erklärung „in geradezu schändlicherweise lieblos, verkrampft und geschichtsvergessen". Die BFF werde sich „in angemessener Weise" am 22. März im Altstadtbereich der Opfer erinnern.

Jetzt, „in meinem Alter bleibt nicht mehr viel Zeit", es mußte aber sein; was er mit Eltern und Hausgemeinschaft in den Stunden im Luftschutzkeller in der Idsteiner Straße im Gallusviertel erlebte, hat er protokolliert und jetzt als Lose-Blatt-Sammlung an die Frankfurter Rundschau geschickt. Natürlich habe er „sehr darauf geachtet, die Ereignisse nicht zusätzlich zu dramatisieren". „Ehe die Spuren verwehen!" lautet der Titel auf der aus Michelstadt übersandten Lose-Blatt-Sammlung zu den Ereignissen, da „unsere gemeinsame Zeit in meinem geliebten Frankfurt zu Ende ging".

März 1944, 65 Jahre her. Mit dem Wunsch, Teile der Altstadt zu rekonstruieren, ist manches der Häuser, die damals verbrannten, in die Vorstellungswelt der Frankfurter zurückgekehrt. Am 22./ 23. März, als die Zahl der Großbrände das Ausmaß von 2.762 angenommen hat, als in fünfzig Minuten allein 1.200.000 Stabbrandbomben auf die Stadt fielen, wurde der gesamte Häuserkranz um Römerberg und Domhügel ruiniert. Ferner die „Goldene Waage", das Salzhaus, das Schopenhauerhaus. Und: Goethes Geburtshaus. Sein Ende kam an Goethes Todestag.

Frankfurter Rundschau - 18.3.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Gedenken wir heute in Demut der Terroropfer des anglo-amerikanischen Bombenkrieges! Es waren Zivilisten mit ihren Wohnungen, die zu Tode kamen.
“Alles Gute kommt von oben!”, sagte einmal der Volksmund. Doch was hier von Oben kam, erinnerte den gewöhnlichen Deutschen immer wieder daran, wer auch ihm Tod und Zerstörung brachte. Gegen das Völkerrecht, das zu respektieren die “Guten” doch gehalten waren...
Die N.S.V. half dann schnell mit Essen und Decken. Und stärkte die Volksgemeinschaft...
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Was sind die “amerik. Flüssigkeitsbomben”? Phosphor?