Erbe der Schreckenszeit

So überschreibt die Frankfurter Rundschau drei lesenswerte Beiträge über unsere Nazi- Vergangenheit in Frankfurt am Main: “Historische Aufzeichnungen des Ehepaars Grünbaum vermitteln einen Eindruck der Sehnsucht, den Terror des Nazi-Alltags überleben zu wollen.” Für dieses “Thema des Tages” gebührt der Frankfurter Rundschau Dank und Anerkennung.

Ein jüdisches deutsches Ehepaar, die Grünbaums, war von Wiesbaden nach Frankfurt umgezogen, um vielleicht etwas mehr Ruhe vor den Nazis zu haben und vielleicht alles überleben zu können: die Hoffnung stirbt zuletzt. Das haben viele unserer jüdischen Mitbürger erleben müssen, die trotz aller Schikanen, trotz allen Terrors, trotz aller Diskriminierungen durch die Nazis - und das nicht erst seit dem 30. Januar 1933 - sich einfach nicht vorstellen konnten, welches Schicksal ihnen die Nazi-Führung und die Nazihorden letztlich zugedacht hatten. In Deutschland! Durch Deutsche.

Viele von Ihnen haben deshalb die Chancen zur Ausreise, als diese noch möglich war, nicht wahrgenommen, zu viele konnten es auch gar nicht, weil ihnen die finanziellen Mittel dazu fehlten. Doch viele, die wollten, konnten nicht ausreisen, weil das Ausland die notwendigen Visa nur zögerlich, in zu vielen Fällen überhaupt nicht erteilte.

Vom Ehepaar Grünbaum wissen wir nicht viel, nur das, was die heutige Eigentümerin der Wohnung in der Frankfurter Liebigstraße 27 dank eines geretteten Fundes von Papieren und Aufzeichnungen der Eheleute Grünbaum rekonstruieren konnte. So können wir miterleben, wie es den Verfolgten der Nazis erging, wie ihre Hoffnungen auf den Nullpunkt sanken - und wie sie ihre letzte Reise nach Theresienstadt antreten mußten. Dort wurden sie ermordet. Wie viele andere vor ihnen: rechtlos, mittellos, fast für immer vergessen.

“In höchster Not” beschreibt die Lebenssituation der Eheleute Grünbaum, “Eine, die kein Bohei macht” läßt uns Inge Geiler kennenlernen, die die Funde publik machte; “Überlebender der Krankheit” ist Herbert Freeman, jüdisch-amerikanischer Professor aus Frankfurt, der jungen Menschen authentisch beschreibt, wie das “damals”, unter den Nazis, war. Er selbst, damals noch Herbert Friedmann, konnte mit seinen Eltern 1937 ausreisen - lange bevor die systematischen Vernichtungsaktionen der Nazis begannen.

Denken wir bei der zeitlichen Nähe zum 9. November an die sogenannte “Reichskristall- Nacht” der Nazis, an den 9. November 1938, als in einer groß angelegten, durch Joseph Goebbels befohlenen Aktion der NS-Verbrecher zahllose Synagogen zerstört wurden.

Lesen sie hierzu auch: Virtuelles Gedächtnis - Rekonstruktion von Synagogen durch die TU Darmstadt. Sehr eindrucksvoll. Sehen Sie selbst, was die Naziverbrecher vorsätzlich zerstört haben.

4. November 2007