Erstes Elektrizitätswerk in Hessen

Von Robert Block

1882 wurde der erste Lehrstuhl für Elektrotechnik an der Großherzoglich Hessischen Technischen Hochschule zu Darmstadt eingerichtet. Erasmus Kittler, geboren 1852 in Schwabach bei Nürnberg als siebter Sohn eines Schneidermeisters, war der erste Lehrstuhlinhaber. Kittler halle zuvor im gleichen Jahr als stellvertretender Vorsitzender der wissenschaftlichen Prüfungskommission der internationalen elektrotechnischen Ausstellung in München den Physikprofessor Dorn von der Technischen Hochschule Darmstadt kennengelernt. Diese Bekanntschaft hatte weitreichende Folgen für die weitere Entwicklung des Hochschulstandortes in Darmstadt und für die Elektrifizierung in Hessen. Doch die Anfänge der Elektrifizierung waren immer wieder von Skepsis und Ablehnung begleitet. Obwohl Kittler in Darmstadt bei allen Fragen der Elektrifizierung als kompetenter Fachmann sehr geachtet war, sahen die Stadtoberen in der Elektrifizierung einen Konkurrenten für das von der Stadt produzierte Gas.

Jedoch wollten sie einem Privat-Investor zuvorkommen und genehmigten unter der Auflage, daß der Großherzogliche Hof mit dem Hoftheater als Stromabnehmer auftrat, einen Kredit von 400.000 Mark für ein Elektrizitätswerk. Dieses sollte eine „Centrallichtanlage mit 3.000 sechzehnkerzigen Glühlampen" mit Strom versorgen. Im 1888 neu errichteten ersten Elektrizitätswerk in Darmstadt erzeugten vier Dampfmaschinen zusammen 380 PS und speisten ein 2 x 110V-Dreileiternetz. Bereits 10 Jahre später wurde das erste größere, für die öffentliche Elektrizitätsversorgung erbaute, Wasserkraftwerk am Oberrhein in Rheinfelden mit 10.000 kW Leistung, seinerzeit das größte Wasserkraftwerk in Europa, in Betrieb genommen. Im gleichen Jahr erfand Gustav Benischke den Stromwandler, eigentlich einen Transformator, zum Messen großer Wechselströme.

Der Widerstand gegen die Elektrifizierung wich in der Bevölkerung nur langsam. Dies führte u.a. dazu, daß für die Elektrifizierung Oberhessens Wcrbefeldzüge gestartet wurden, in denen die Vorzüge der elektrischen Versorgung, z.B. eines „elektrisch gebügelten Stehkragens" oder der „elektrisch gefüllten Blasebälge der Kirchenorgel" gepriesen wurden.

Entnommen mit freundlicher Erlaubnis dem Mitteilungsheft von
Förderkreis Freilichtmuseum Hessenpark e.V.

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