Ewiger Clinch
Gegen arrogante Frankfurter bauten Höchster in üppigen Dimensionen

Von Matthias Arning

Bange sind Frankfurter noch nie gewesen. Nicht, wenn Höchst zur Sprache kommt. Dann, erzählt Silke Wustmann an diesem vom Sprühregen gezeichneten Morgen vor der Justinuskirche, dann schreckten die Frankfurter auch nicht davor zurück, Geschichten kurzerhand zu erfinden. Wustmann, die Stadthistorikerin, weist ihre Gäste bei diesem Rundgang durch den westlichen Stadtteil auf die Anekdote über Karl den Großen hin. Den hätten die Frankfurter mit Gottes Hilfe und samt seinen Franken von Süden aus über den Main geschickt. Allein die in kriegerischer Absicht anrückenden Sachsen hätten das Nachsehen gehabt, davon lege die Benennung des Stadtteils auf der anderen Seite des Mains noch heute Zeugnis ab.

Könnte man glauben, setzt die 42-Jährige hinzu, sollte man besser nicht. Eine Geschichte, frei erfunden. „Nur um die Höchster zu toppen", allein um der ersten urkundlichen Erwähnung der kleinen Ansiedlung in Richtung Mainz, datiert auf das Jahr 794, etwas entgegenzusetzen. Was deutlich mache: Die Beziehung zwischen Frankfurt und Höchst, diesem Pfand in der ständigen Auseinandersetzung mit Mainz, sei nie einfach gewesen.

Selbst nach 1928, nach der Eingemeindung. Für Frankfurt eine gute Partie. Die bis dahin selbständige Kommune galt als Perle, die sich Frankfurt in den 20er Jahren mit der für lange Zeit letzten Eingemeindungswelle einverleibte. Denn Höchst - das war ein Standort, da boomte die Chemie-Branche, das versprach rasches Wachstum auf gutem Niveau. Gebündelt am Standort Frankfurt, in dem Gebäude, das Hans Poelzig im Westend für die IG Farben errichtete. Nach der Zerschlagung des Konzerns wählte die neu geschaffene Hoechst AG die markante Form von Turm und Brücke am Behrens-Bau in Höchst als Logo für die Firma, die viele Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg die Entwicklung der Rotfabriker prägte.

Doch Frankfurt, darauf besteht der Historiker Wilhelm Grossbach in seinem Höchst- Buch, habe nicht allein den wirtschaftlichen Vorteil, den die Eingemeindung mit sich bringen würde, vor Augen gehabt. Die Stadtregierung, die zehn Kilometer entfernt im Römer saß, sei es unter der Maßgabe des damaligen Oberbürgermeisters Ludwig Landmann auch um einen Beitrag zur Entwicklung der gesamten Region gegangen.

Das ist der Stoff, aus dem man für die Gegenwart und ihre mitunter verzweifelt wirkende Suche nach dem Gemeinsamen im Ballungsraum Lehren ziehen kann. Plötzlich sollte es vorbei sein mit der Konkurrenz, die jahrhundertelang Höchst, wo man doch schon im 18. Jahrhundert Meisterwerke der Porzellanmanufaktur geschaffen hatte, recht bald zu einem Spielball zwischen Kurmainz und Frankfurt gemacht hat.

Konkurrenz, hält Silke Wustmann einen Augenblick inne, viel eher würde sie von Rivalität sprechen. Sechs Mal, erzählt sie während des Rundgangs durch die Höchster Altstadt, sechs Mal hätten Frankfurter Ratsherren Söldner geschickt, um die Burg des Erzbischofs von Mainz am Ufer des Mains zu zerstören. Denn sie wollten nicht dulden, daß auf der stark frequentierten Handelsroute Zoll erhoben würde. Einnahmen, von denen Höchst lebte. Gut lebte. So gut, daß manches ruhig eine Nummer größer ausfallen durfte, gibt Wustmann ihren Zuhörern an diesem kühlen Morgen am Zollturm zu bedenken. Als Beispiel könne die Justinuskirche gelten, das älteste Gebäude Frankfurts, benannt nach einem römischen Märtyrer, Baubeginn um 830, Einsegnung 850. Heute komme einem das Gotteshaus „schnuckelig" vor, damals müsse die Dimension des Sakralbaus einschüchternd gewirkt haben. Denn mehr als 100 Familien lebten nie im mittelalterlichen Höchst, das eine gut 200 Meter lange Altstadtmauer um Fachwerkhäuser gezogen hatte. Oder auch das in der Renaissance entstandene üppig ausgefallene Rathaus. In seiner Spitze findet sich zur Straßenseite hin ein Treppgiebel. Für Wustmann „die offene Kampfansage" an den Römer, wo sich ein ähnlicher Anschluß an das Dach finde. Allein - in der Renaissance ist „der Treppgiebel total out" gewesen.

Die Fachwerkhäuser sind ein Höchster Prunkstück.

Heute wären in Frankfurt wohl manche froh, ein bißchen von dem Fachwerk der Höchster Altstadt zu haben. Vielleicht. Die meisten, glaubt Wustmann, „kennen das Ensemble gar nicht".

Frankfurter Rundschau - 2.10.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

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Höchst -
lange Jahre unsere Kreisstadt, die “Hauptstadt” des Main-Taunus-Kreises. Selbst dann noch, als Höchst ein Stadtteil Frankfurts geworden war. Alte Liebe?

Lesen Sie einmal nach, was Wikipedia über Frankfurt-Höchst zu berichten hat!