Aufklärung im Namen Brunos
Atheisten macht der Philosoph Heidenspaß
Von Matthias Arning

Der Philosoph baute auf Frankfurt. Weil er in unsicheren Zeiten Ruhe finden wollte. Weil er seine Gedanken über die Künste und das Unermeßliche, sein Sujet für „die Frankfurter Triologie", sammeln mußte. Weil die Stadt am Main als Ort relativer Stabilität galt. Aus diesen Gründen, glaubt der Historiker Michael Matthäus, dürfte sich Giordano Bruno im Juli 1590 für die Stadt am Main entschieden haben.

Guten Mutes sei Bruno damals gewesen, erzählt Matthäus, der Mittelalter-Experte im Institut für Stadtgeschichte, am Montagabend im gut besuchten Saal der Stadtbücherei. Nach den Schwierigkeiten in Paris, dem Bemühen, in Marburg einen Lehrstuhl zu erhalten, seinem Wirken als Extraordinarius an der Universität Wittenberg, erreicht Giordano Bruno, der Denker, Frankfurt am Main. Die Stadt des Verlegers seiner Schriften. Bei Johann Wechel sollte Brunos Vermächtnis erscheinen. Der Philosoph bat den Rat der Stadt, bei Wechel wohnen zu dürfen. Doch die Stadtherren lehnten ab, drängten Bruno, sich ein anderes Quartier zu suchen. Vielleicht, vermutet Matthäus, ließ sich der Rat von der schlechten Rede über Bruno leiten. Wechel suchte für ihn eine Unterkunft im Karmeliterkloster. Bruno selbst, dieser in ständigen Konflikten mit der katholischen Kirche lebende Dichter, hatte sich seine Ankunft in Frankfurt wohl einfacher vorgestellt, weil er doch darauf hoffte, wie Matthäus berichtet, „ein freies Klima zu400px-Giordano_Bruno_BW_2-b finden".

Doch davon konnte zu diesem Zeitpunkt keine Rede sein. Hohe Verschuldung habe auf der Stadt gelastet, der Rat fürchtete in religiös motivierte Auseinandersetzungen gezogen zu werden. Dennoch blieb Bruno. Zunächst bis Februar 1591, dann wieder vom Sommer dieses Jahres an bis er dem Lockruf aus Italien folgte. Zuane Mocenigo, sein Gastgeber in Venedig, erwartete von Bruno die Unterrichtung in Magie. Vergebens, Bruno gewährte allein Einblicke in seine Theorie von den mehreren Welten. Nach seiner Denunzierung als Ketzer durch Mocenigo setzte die Inquisition Bruno 1592 fest. Nach langer Haft führten ihn Inquisitoren 1600 auf den Scheiterhaufen. Bis 1966 blieben seine Werke auf dem Index der verbotenen Schriften, den erst das Zweite Vatikanische Konzil abschaffte. Seine Hinrichtung gilt der Katholischen Kirche heute als Unrecht, rehabilitiert aber, sagt Matthäus, sei der Philosoph bis heute nicht.

Viele „legitime Erben"

Für den Zeitchronisten Matthäus macht Brunos Konflikt mit der Kirche den aufrechten Mann heute „zur Identifikationsfigur für ganz unterschiedliche Interessen". Während der aus der Kirche geschmissene Eugen Drewermann sich selbst als legitimer Erbe Brunos dargestellt habe, wählte die Giordano-Bruno-Stiftung seinen Namen, um gegenwärtig für „Heidenspaß statt Höllenqual" zu werben. Diese Stiftung versteht sich selbst als „Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung" und zählt prominente Frankfurter wie den Hirnforscher Wolf Singer und den Philosophen Thomas Metzinger zu ihren führenden Leuten. Sie loben den Atheismus und beanspruchen für sich, „Aufklärer im 21. Jahrhundert" zu sein.

An Brunos Frankfurter Zeit erinnerte von 1942 an im Säulengang des Karmeliterklosters eine gußeiserne Tafel, die nach dem Krieg verschwunden ist. Wahrscheinlich, glaubt Matthäus, weil man dieses ganz andere Material, das mit Bruno in Verbindung stand, gut gebrauchen konnte.

Frankfurter Rundschau - 1.4.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Bittere Tatsache: der Freigeist Giordano Bruno hatte auf Sand gebaut, als er glaubte, in Frankfurt ein vor Verfolgung sicheres leben führen zu können: die ängstlichen Krämerseelen ließen ihn alleine.
Und so kriegte ihn schließlich die allein seelig machende Hl. Inquisition
: Scheiterhaufen.

Zwar erklärten der päpstliche Kulturrat und eine theologische Kommission die Hinrichtung Giordano Brunos im Juli 2000 für Unrecht. Doch tot ist er immer noch. Kein Gottesgericht hat ihm das Leben wiedergegeben...
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