„Wieso nicht auch die Kaiserpfalz?"
Egon Wamers vom Archäologischen Museum fügt der Debatte um die Altstadt- Rekonstruktion eine neue Note hinzu

Das Archäologische Museum und die Technische Universität Darmstadt haben die historische Kaiserpfalz zwischen Dom und Römer rekonstruiert. Alles rein virtuell - es fragt sich bloß, wie lange, angesichts der Debatte um den Wiederaufbau der Altstadt.

Von Felix Helbig

Frankfurt - Es ist ein kalter, klarer Novembermorgen, als die Debatte um den Wiederaufbau der Altstadt in eine neue Dimension eintritt. Hinter den dicken Mauern des Karmeliterklosters stehen an diesem Mittwoch Leinwand und Videobeamer bereit, „zur 3D-Vorführung" hat die Empfangsdame in den hinteren Teil des Archäologischen Museums verwiesen. Dort sind die Profis der Rekonstruktion am Werk.

Zuletzt war es beinahe etwas ruhig geworden in der noch im Sommer so hitzig geführten Altstadt-Diskussion. Seit der grundsätzliche Plan für den Wiederaufbau steht, ringen die Parlamentarier im Dom-Römer-Sonderausschuß des Stadtparlaments eher darum, wie man eine „Stadtglatze" verhindert, was heißen soll, dass man eine unschöne Brache nach dem Abriß des Technischen Rathauses vermeiden will. Und über die Finanzierung der neuen Altstadt wurde gestritten. Im Archäologischen Museum spielt all das keine Rolle an diesem Tag. Es geht um Größeres als kleine Fachwerkhäuschen, es geht um die karolingisch-ottonische Kaiserpfalz zu Frankfurt.

Kolossaler Bau samt Aula Regia

„Die Kaiserpfalz ist heute nahezu unbekannt", sagt Museumsdirektor Egon Wamers. Nur einige Grundmauern sind geblieben von der im neunten und zehnten Jahrhundert auf dem Domhügel errichteten und im 11. Jahrhundert abgebrannten Königsherberge, ihre Überreste bilden heute den Archäologischen Garten. Die einst gewaltige Kaiserpfalz ist „verloren gegangen", wie die Freunde der Rekonstruktion gerne sagen.

Aber das ist kein Hindernis: Anhand der Überreste und Neuauswertung sämtlicher Baubefunde durch den Mittelalter-Archäologen Magnus Wintergerst haben die TU Darmstadt und das Museum von der darauf spezialisierten Agentur Architectura Virtualis die Kaiserpfalz dreidimensional am Computer rekonstruieren lassen. Ein kolossaler Bau samt Aula Regia und Salvatorbasilika ersteht da samt Fenstern und Lisenen auf der Leinwand im Museum auf. In rauschender Bilderfolge präsentieren der Darmstädter IT-Professor Manfred Koob und Marc Geliert von Architectura Virtualis ihre Ansichten von der Pfalz. Und ganz nebenbei auch ein beeindruckendes Portfolio vergangener Rekonstruktionen: vom Kloster Lorsch über den vatikanischen Palast bis zu den Kaisergräbern von Xi'an. Auch die drei großen Frankfurter Synagogen haben beide am Computer rekonstruiert. Und jetzt die Kaiserpfalz zu Frankfurt, „ein zentrales Gebäude für die Stadtentwicklung, für die Existenz der Stadt überhaupt" sagt Wamers.

Bald zeigt ein Film die Geschichte

Im Archäologischen Museum ist überdies ein „haptisches Modell" von der Pfalz zu bewundern, das in aufwendigem 3D-Druckverfahren erstellt wurde. Im nächsten Schritt sollen detaillierte Texturen des Baus und seine Möblierung dargestellt werden, obendrein wird es einen 20-minütigen Film über die Geschichte geben.

Ein Schelm, wer angesichts der Präzision dieser Entwürfe an den Dom-Römer-Sonderausschuß denkt. Professor Koob, der von der Altstadt-Debatte offenkundig wenig hält, meint, man könne „das ja mal zeigen". Museumsdirektor Egon Wamers ist da einen Schritt weiter: „Man könnte sich schon mal fragen: Wenn wir schon so viel rekonstruieren, warum dann nicht unsere Kaiserpfalz?" Immerhin bekäme der wiederhergestellte Krönungsweg erst mit einer Kaiserpfalz „überhaupt wieder einen Sinn". Vom Rekonstruktionsaufwand her sei das „etwas mehr als die Dresdner Frauenkirche".

Einen Haken gibt es da aber doch noch. Wollte man neben der Aula Regia auf dem Archäologischen Garten auch die Salvatorbasilika wieder aufbauen, müßte der Dom abgerissen werden. „Aber das will ja niemand", sagt Wamers. felix helbig

Das Modell der Kaiserpfalz ist im Archäologischen Museum, Karmelitergasse 1, zu sehen. Geöffnet dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr, mittwochs von 10 bis 20 Uhr.

Frankfurter Rundschau – 24.11.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Gute Frage - warum eigentlich nicht? Die Großmarkthalle ist gegen die wirtschaftlichen Interessen der EZB nicht zu halten - warum dann nicht die Flucht.... zurück, 1000 Jahre? Die Kosten? “Etwas mehr als bei der Dresdner Frauenkirche!” Und?? Das ist doch eine echte Herausforderung...
Vor allem: die anspruchvollsten  Ziele sind doch die, die noch vor uns liegen.

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