Am Anfang war der kranke Krieger
Vor 140 Jahren gründeten Frankfurter einen Hilfsverein, aus dem später das Deutsche Rote Kreuz entstand / Mit dem Pferdewagen unterwegs

Der Bezirksverband Frankfurt des Deutschen Roten Kreuzes ist bundesweit einer der ältesten. In diesem Jahr wird das 140-jährige Bestehen gefeiert. Die Fußbad-Weltmeisterschaft ist eine der größten Herausforderungen für den Verband.

Von Friederike Tinnappel

Frankfurt - Es war der Krieg zwischen Preußen und Österreich, der 1866 zur Gründung eines „Hilfsvereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger" führte. Das war, wie der Vorsitzende des Bezirksverbandes Frankfurt des Deutschen Roten Kreuzes, Achim Vandreike, am Mittwoch ausführte, die Geburtsstunde des DRK in Frankfurt. Das bekannte Symbol, ein rotes Kreuz auf weißem Grund, trugen die Schwestern, die sich um die kranken Krieger kümmerten, als Armbinde.

Das Lazarett des Vereins auf der Pfingstweide mußte strengen Vorschriften genügen. Nach dem damals geläufigen Losungswort „Luft ist Leben" durfte es nicht in der Nähe von Fabriken liegen, die Zimmer sollten ständig gut gelüftet werden. Die Anweisungen für die Desinfektion waren peinlich genau, die Gruben für die Aborte mußten sich in einem ausreichendem Sicherheitsabstand von den Brunnenanlagen befinden. Das freiwillige Sanitätskorps des Hilfsvereins war zunächst mitten in der Stadt, am Domplatz l, untergebracht.

30 Jahre später waren zu der Krankenbetreuung weitere Aufgaben hinzugekommen: Es wurden Rettungswachen eingerichtet, die Tag und Nacht besetzt waren und es wurden - bis heute - Kurse in Erster Hilfe angeboten. Aus dem Hilfsverein für Krieger wurde der „Verein vom Roten Kreuze in Frankfurt am Main".
Kronprinzessin Victoria 1870

Hoher Besuch im Lazarett: Am 13. September 1870 besucht Kronprinzessin Victoria von Preußen das Krankenlager auf der Pfingstweide.

Schließlich wurde die Arbeit der Rettungsdienste auch von den Krankenkassen anerkannt: Ab Januar 1900 floß ein Pfennig pro Kassenmitglied. Ein erster Großeinsatz war die Explosion der Chemischen Fabrik in Höchst im April 1901. Die Kapazitäten des örtlichen Krankenhauses reichten nicht aus, 50 Verletzte mußten auf andere Kliniken verteilt werden.

Heute dauert es nur wenige Minuten, bis ein Rettungswagen den Unfallort erreicht hat. Im Jahr 1908 mußte der Fahrbursche Leo Goldbach nach einem Unfall drei Stunden auf den Transport ins Krankenhaus warten. Der Magistrat wurde aufgefordert, die von Pferden gezogenen Rettungswagen gegen Kraftfahrzeuge auszuwechseln.

Eine Dienstordnung verpflichtete die Besatzung von Rettungswagen damals, sich gegenüber den Unfallopfern und ihren Angehörigen korrekt zu verhalten: „Das Verlassen des Wagens zum Besuche von Wirtschaften oder zu sonstigen Zwecken, gleich welcher Art, ist streng untersagt."

Mit den Jahren hat der Bezirksverband, der seit 1938 in einem eigenen Gebäude in der Mendelssohnstraße 78 im Westend residiert, sein Kerngeschäft weiter ausgedehnt. Neben den „klassischen" Geschäftsfeldern wie Rettungsdienst, Krankentransport und Katastrophenschutz kümmert er sich längst auch um alte und behinderte Menschen. Die Rotkreuzler haben einen Hausnotruf organisiert, der es erlaubt, mit einem Knopfdruck Hilfe anzufordern. Sie bieten „Essen auf Rädern" an und betreiben einen Kleiderladen in Bockenheim mit gebrauchten Kleidungsstücken. „Der wird gut angenommen", betonte Vandreike am Mittwoch.

27.000 Mitglieder hat der Verband, darunter 400 aktive, ehrenamtliche Helfer und 120 hauptamtlich Beschäftigte. Mit der Fußball-Weltmeisterschaft steht dem Frankfurter Roten Kreuz ein weiterer Großeinsatz bevor. Ein Vertrag mit dem Weltfußballverband, der Fifa, sieht vor, daß das DRK Spieler und Besucher im Stadion betreut. Die Erste Hilfe für die große Fan-Arena am Main, wo bis zu 30.000 Besucher die Spiele auf einer riesigen Leinwand verfolgen werden, hat das DRK zusammen mit dem Arbeiter-Samariterbund übernommen. „Das hätte wir alleine nicht geschafft", räumte Vandreike ein. Jeder DRK-Helfer in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet werde während der WM zum Einsatz kommen.

 

DAS JUBILÄUMS-PROGRAMM

- Ab Donnerstag, 11. Mai, wird sich der Bezirksverband Frankfurt des Deutschen Roten Kreuzes auf der Zeil präsentieren. An drei Tagen, bis Samstag, 13 Mai, werden die Rotkreuzler über ihre vielseitigen Aktivitäten informieren

- Drei Stationen sollen zwischen dem Karstadt-Kaufhaus und der Konstablerwache eingerichtet werden. Die Station A ist ganz einem „Verpflegungsstand" gewidmet. Station B und Station C haben jeden Tag ein anderes Programm.

- Seniorengymnastik wird an der Station C (Konstablerwache) am Donnerstag, 14 bis 17 Uhr, angeboten Vorher, ab 10 Uhr, werden hier Erste-Hilfe-Maßnahmen vorgestellt

- Um den Zivildienst geht es an der Station C am Freitag, 10 bis 13 Uhr. Danach steht dort die Jugendarbeit des DRK im Mittelpunkt

- Die Öffnungszeiten: Am Donnerstag 10 bis 17 Uhr, freitags 10 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 15 Uhr. FT

Frankfurter Rundschau - 4.5.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR