Bild des NS-Oberbürgermeisters hängt im Rathaus

Erich Mix war von 1937 bis 1945 und von 1954 bis 1960 OB / SPD fordert Erläuterungstafel

Im Haupttreppenhaus zur ersten Etage des Rathauses hängt die Galerie ehemaliger Oberbürgermeister. Unter den Bildern ist auch eines von Erich Mix. Eine Plexiglas- Plakette erläutert, daß er von 1954 bis 1960 für die FDP Stadtoberhaupt war und von 1937 bis 1945 für die NSDAP .

Das Porträt von Nix inmitten weiterer im Auftrag der Stadt von Klaus Böttger und Bernd Schwering gemalter Amtskollegen hat bisher weder in der Bevölkerung noch unter den Stadtparlamentariern zu intensiven Diskussionen oder gar Empörung geführt. Jetzt regt sich die SPD-Fraktion. Deren stellvertretender Vorsitzende Peter Schickel findet es skandalös, daß das Portrait bislang kommentarlos in der „Ahnengalerie" hängt. Dabei sei Mix nachweislich SS-Standartenführer und für Schickel ein „ausgewiesener Nazi" gewesen. Der „braune Chefdemagoge Goebbels" habe sich Mix gar als potentiellen Oberbürgermeister in Berlin vorstellen können. Der 1898 in Westpreußen geborene Jurist Mix trat bereits am 1. Oktober 1932 der NSDAP bei, mit der er „schon seit 1930 in enger Verbindung stand", wie er einst schrieb. Er war Gauamtsleiter von Hessen-Nassau, Obersturmbann- und Standartenführer der SS und Bürgermeister in Stolpe und Stettin sowie Oberbürgermeister von Tilsit. Vom April 1937 bis April 1945 bekleidete er dieses Amt in Wiesbaden - von 1939 an nur noch auf dem Papier, da er zur Luftwaffe eingezogen wurde und bis Mai 1945 am Krieg teilnahm. Im Entnazifizierungsprozess stufte ihn die Spruchkammer als Mitläufer ein. 1946 trat Mix in die FDP ein und setzte seine Karriere fort, im Stadtparlament, später im Landtag, wo er sogar Vizepräsident und Fraktionsvorsitzender war. Als die FDP, die aus den Wiesbadener Kommunalwahlen 1953 als stärkste Kraft hervorging, Mix als OB-Kandidaten aufstellte, lehnten ihn SPD und CDU zunächst ab. Die Unionspolitiker rangen sich dann durch, den ehemaligen SS-Mann zu wählen.

Für Kulturdezernentin Rita Thies (Die Grünen) gehört Erich Mix zur Geschichte der Stadt. Und in die Porträt-Galerie schon der Vollständigkeit halber. Seine erste Amtszeit zu verschweigen wäre „wirklich problematisch", meinte Thies vor wenigen Monaten in einem Gespräch mit der FR.

Die SPD-Fraktion im Rathaus will nun die Nazi-Vergangenheit des ehemaligen Oberbürgermeisters Mix in der OB-Portrait-Galerie auf einer Erläuterungstafel dokumentiert sehen. Ein entsprechender Antrag der SPD im Ortsbeirat Mitte werde deshalb unterstützt, teilt Schickel mit.

Dem Antrag zufolge soll unter das Mix-Bildnis eine Tafel angebracht werden, „die die Verstrickungen dieses Mannes in den Nationalsozialismus deutlich macht“.

sab/myk/off

Frankfurter Rundschau – 25.8.07 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Man lernt doch nicht aus: ein “alter Kämpfer” von 1932, der nach eigenem Bekunden schon seit 1930 der Nazi-Partei in Treue verbunden war, wurde 1937 Oberbürgermeister von Wiesbaden. Nichts Besonderes, beachtlich schon eher, daß dieser Mann, der zuvor OB von Tilsit war, sich der höchsten Wertschätzung von Joseph Goebbels erfreute, auch den SS-Rang des SS-Standartenführers bekleidete - was dem Rang eines Obersten der Wehrmacht oder der Polizei entsprach.

Dieser Mann, fest angesiedelt im Nazismus, wurde nach 1945 als “Mitläufer” eingestuft, also als kleines Licht und ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten - er, der ein aktiver Täter war. Damit war dem Wiederaufstieg in der neuen demokratischen westdeutschen Bundesrepublik nichts mehr unmöglich. Und als FDP-Mann konnte er 1954 OB von Wiesbaden werden.

Unglaublich allerdings, daß die SPD Wiesbaden, die diesen Vorgang thematisiert, nur von der sogenannten “Verstrickung” des alten Nazis Erich Mix spricht - so, wie das längst üblich geworden ist. “Verstrickung” - keine Täterschaft, keine Schuld, nur so etwas Undurchschaubares... Hätte wohl jedem so passieren können?!

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