Zeitzeuge erzählt vom Leben im Arbeitslager
Der jüdische Historiker Arno Lustiger zu Gast an der Elisabethenschule in Hofheim

Der deutsch-jüdische Historiker und Schriftsteller Arno Lustiger hat gestern die Elisabethenschule besucht. Vor 120 Schülern berichtete er vom Schicksal seiner Familie im Dritten Reich. Seine Enkelin hatte den Besuch an ihrer Schule initiiert.

Hofheim - Die Siebtkläßlerin Janina hat gleich zwei Gründe stolz zu sein: Zum einen war es ihre Idee, ihren Großvater Arno Lustiger an ihre Schule, die Elisabethenschule in Hofheim zu holen; zum anderen hörten 120 Jugendliche aus drei zehnten und ihrer siebten Klasse dem 82-Jährigen 90 Minuten lang gebannt und still zu. „Wir haben im Religionsunterricht das Judentum durchgenommen" sagt Janina. „Ich habe ihn gefragt, ob er kommen will, und er hat ja gesagt", sagt sie.

Gastprofessor an Goethe-Universität

Arno Lustiger ist Gastprofessor am Fritz-Bauer-Institut der Frankfurter Goethe-Universität. In seiner Rede im Deutschen Bundestag anläßlich der Gedenkfeier zur Befreiung von Auschwitz im vergangenen Jahr erinnerte er an den jüdischen Widerstand - ein Schwerpunkt seiner Forschung.

In der Elisabethenschule berichtete Lustiger vor allem von der Judenverfolgung im Dritten Reich. Er erzählte anschaulich von seiner Kindheit in Polen, dem Kriegsausbruch, der Zeit in den Arbeits- und Konzentrationslagern, unter anderem einem Nebenlager von Auschwitz, und der Befreiung. Bereits vor dem Vortrag hatten die Schüler schriftlich Fragen an ihn richten können, die er in seinen Schilderungen beantwortete.

Ja, er habe einen Judenstern getragen und nein, er habe Hitler diese Grausamkeiten nicht zugetraut. „So viel Fantasie hat kein Mensch", sagte Lustiger. „Wie verarbeiten Sie die Erlebnisse?" wollte eine Schülerin wissen. 40 Jahre lang habe es gedauert, bis er über all das sprechen konnte, antwortete Lustiger. „Es ist nicht selbstverständlich, das alles zu erzählen", befand der 16-jährige Fabian. Standing Ovations im Anschluß zeigten, wie bewegt die Schüler vom Auftritt Lustigers waren. FKR
Arno Lustiger

Lustiger berichtete in der Elisabethenschule von der Judenverfolgung im Dritten Reich. 120 Jugendliche hörten dem 82-Jährigen gebannt zu.

Frankfurter Rundschau - 28.3.06 - mit freundlicher Erlaubnis der FR