„Der Weinbau ist das beste Bergwerk" - Kohlen aus Hochheim am Main
FRANZ LUSCHBERGER

Mit welchem Erfolg im 16. und 17. Jahrhundert Kohlen in der Hochheimer Gemarkung zu Tage gefördert wurden, weiß man leider heute nicht mehr. Doch sicher ist, daß es zum Kohlenabbau kam.

Im 16. Jahrhundert entdeckte der kur-mainzische Baumeister Rubin ein Steinkohlenlager nahe der Flörsheimer Gemarkungsgrenze und förderte „schwarzes Gold". War es nicht ausgiebig genug oder waren die Zeitverhältnisse schuld daran, daß man es liegen ließ? Erst als 1592 mehrere Flörsheimer eine Genehmigung zur Wiederaufnahme des Kohlenabbaues wünschten, entschloß sich das Domkapitel, die Ausbeutung des Kohlenvorkommens auf eigene Rechnung zu betreiben. Auch hier weiß man heute nicht mehr, mit welchem Erfolg diesmal das Unternehmen fortgeführt wurde. Mitte des 18. Jahrhunderts waren die Gruben wieder vollständig verlassen.

Da bemühte sich 1767 der kurpfälzische Regierungs- und Bergrat von Marioth sehr intensiv um eine Lizenz zur Wiederaufnahme des Kohlenbergbaues in der Hochheimer Gemarkung. Domdechant Georg Adam Freiherr von Fechenbach ließ ihm aber mitteilen, daß er „dergleichen Unternehmungen in der Hochheimer Gemarkung niemals gutheißen" könne, er halte „vielmehr den dortigen Weinbau für das beste Bergwerk".

Schon 1756 hatte der Obersteiger und Bergmann Jacob Müller aus „Creutznach" das Domkapitel in Mainz darauf hingewiesen, daß in der Gegend von Hochheim und Flörsheim „ein probemäßiges zu graben wäre". Er erbat eine „Erbleyhe für Mineralien und Metalle". Was daraus geworden ist, läßt sich nicht mehr feststellen.

Der Kohlenbergbau in Hochheim schien am Ende, als der Fürstliche Oberbergrat Gramer gegenüber der Fürstlich Nassauischen Hofkammer am 15. März 1803 vermutete, daß „in den hiesigen nahen Gebirgen

eine Gattung Steinkohle, die von den Mineralogen mit dem Namen Lettenkohlen belegt wird", zu finden sei. Er äußerte den Wunsch, deshalb einen „bergmännischen Versuch machen zu dürfen, der mit einem Kostenaufwand von 180 bis 200 Gulden 1 vollendet werden könnte".

Der Versuch fand in der Hochheimer Gemarkung statt, dort wo heute die Autobahn Wiesbaden-Darmstadt vorbeiführt, in Höhe der Bundesstraße 40. „Der Versuch ist so ausgefallen, daß nun wirklich dieses schätzbare Brennmaterial zu 3 Fuß mächtig unter 12 bis 20 Fuß Erde angetroffen wurde. Somit hätte sich also Gottlob ein kräftiges Mittel zur Begegnung der drohenden Holznot gefunden. Es wird nun der Bau dieser Flözenlager nach bergmännischen Grundsätzen unaufschieblich notwendig, welches einen unvermeidlichen Kostenaufwand nötig macht". Dies war das Ergebnis der bergmännischen Versuchs. Die angegebenen Maße in Fuß entsprechen nach heutigen Maßen etwa 87 Centimeter für die Kohlenschicht in einer Tiefe von 3,50 bis 6 Meter. Von diesem Vorkommen wird berichtet, daß in einem Zeitraum von ungefähr 10 Jahren der „schwarze Brand jährlich von 40 Zentner bis auf 60 bis 70 Zentner in der Förderung stieg".

Allerdings ist auch überliefert, daß 44 Meter tief gegraben wurde, wo man dann eine Schicht geringwertiger Braunkohlen gefunden hat. Die Förderung habe kaum die aufgewendeten Kosten für Arbeitslöhne und Grubenholz gedeckt. Als dann noch während der Wintermonate 1805 auf 1806 die Grubenwände einstürzten, fand der zunächst hoffnungsvoll begonnene Kohlenbergbau sein Ende.

Das gestohlene Bleirohr

Im Jahre 1825 ließ der „Oekonom Aschrott" in der Gemarkung Hochheim nach Braunkohlen graben. Belegt ist dies durch die Anzeige seines Steigers Sohm vom April 1826, daß ein Stück Rohr von circa 11 bis 12 Zoll 2 der in der Grube stehenden bleiernen Pumpe abgesägt und entwendet worden sei. Nach der Feldgerichtsordnung vom 11. Juli 1816 wurde Schadenersatz aus der Gemeindekasse verlangt. Damit war Stadtdirektor Carl Müller ganz und gar nicht einverstanden. Die fern von der Chaussee angelegte Grube stehe immer offen und sei in der Nacht gefahrdrohend. Zudem stehe auch Tag und Nacht eine Leiter darin, wodurch mögliche Diebstähle begünstigt würden. Aschrott hätte mindestens die Grube mit einem verschließbaren Deckel versehen sollen. Mit dieser Nachlässigkeit habe er sich den Verlust selbst zuzuschreiben. Die Anforderung des Schadenersatzes wurde an die Herzogliche Rezeptur geleitet, da diese Behörde dafür zuständig war. Mit Seligmann Aschrott aus Kassel, der mit seiner Familie 1823 nach Hochheim gekommen war, wo er für 3000 Gulden das Weingut der Dompräsenz erworben hatte, entspann sich nun ein Papierkrieg um das gestohlene Bleirohr.
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Carl Müller, Schultheiß 1797-1819, Stadtdirektor 1819-1834.

Am 18. April 1826 berichtete Stadtdirektor Müller dem Herzoglichen Amt Hochheim und erklärte, die Vorstellung von Aschrott enthalte „auffallende und abgeschmackte Lügen". Er könne auf seine Dienstpflicht versichern, daß ihm Anzeigen des verbogenen bleiernen Schwengels und zuletzt der Beschädigung der Pumpe nicht gemacht wurden: „ Ich ging in diesem Winter sehr oft nach jener Grube. Es konnte mich freuen, den gutem Fortgang der Kohlenförderung wahrzunehmen, und auf der anderen Seite suchte ich auch möglichen Unglücken vorzubeugen. Es ist also wahr was Aschrott sagt, daß gute Worte bei ihm nicht mehr helfen und ich mit Strafandrohungen gegen ihn verfahren mußte. Die Grube war in diesem Winter eingefallen, Wasser füllte sich darin, sie war nicht eingefaßt und nicht bedeckt. Schwindelnd durfte man sich ihr nähern, die Gefahr eines Unglücks war stets vorhanden, zumal in den Nebeltagen, wo die herzoglichen Jagden stattfinden und fremde Menschen die Gemarkung durchstreifen. Aschrott deckte endlich mit einigen halb verbrochenen Banden die Grube und die Gefahr war dadurch noch größer. Ich hielt ihn an, die Banden mit einer Masse von Steinen zu beschweren und alle Gefahr zu beseitigen. Doch dazu bedurfte es noch der Weisung des Herzoglichen Amtes. Was ich über die Beschädigung der bleyernen Pumpe und resp. Entwendung eines Stückes derselben entscheide, habe ich bereits berichtlich vorgelegt. Ich erinnere mich noch genau des Versuchs nach dem Graben der Braunkohlen, welche Herzogliche Hofkammer in den Jahren 1803 und 1804 an derselben Stelle anstellte. Eine aufgeschlagene Bretterhütte, die zur Aufbewahrung aller Grubenwerkzeuge diente — das unbefugte Betreten und andere Vorsichtsmaßregeln ließen weder Unglück noch sonstiges Beschädigungen an dem Werk befürchten. Der dermalige Unternehmer des Werks zur Gewinnung von Braunkohle kann vorderhand wohl nur Versuche anstellen wollen; so recht und periodisch wird es betrieben; dabei darf er aber die Vorsichtsmaßregeln zur Abwendung möglicher Unglücke nicht bei Seite setzen, welche bei seiner bisherigen Verfahrensweise wirklich nicht beobachtet werden".

Amtmann Lautz beendete am 28. April 1826 mit seiner Entscheidung diese Angelegenheit. Die Anforderung eines Schadenersatzes für das bleierne Rohr könne aus der Gemeindekasse nicht geleistet werden. Analog einer Verordnung im Westerwald für eine Braunkohlengrube sei die Grube von Aschrott von der Seite des Weges durch ein einfaches, wenig kostspieliges Geländer abzusichern. Bei dessen Anlage sollte der Wert des Geländers gleichzeitig eingeschätzt werden. Der Schaden werde aus der Gemeindekasse bezahlt, wenn Eigentum des Grubenbesitzers entwendet oder aus Bosheit zerstört werde und der Täter nicht entdeckt werden sollte. Dies solle amtlich bekanntgemacht und der Oeconom Aschrott angewiesen werden, sich deswegen vor Amt einzufmden.

Bergbaubesitzer Aschrott

Der Kaufmann und Weingutbesitzer Seligmann Aschrott verließ mit seiner Familie — Ehefrau Regina, den vierzehnjährigen Zwillingen Albert und Johanna und der siebenjährigen Tochter Rachel — wieder Hochheim und kehrte nach Kassel zurück. Der neunjährige Sigmund blieb in Hochheim und besuchte in Frankfurt eine Privatschule. Erst als der Achtzehnjährige in Frankfurt eine kaufmännische Lehre abgeschlossen hatte, ließ er sich endgültig 1844 in Kassel nieder. Haus und Weingut in Hochheim befanden sich seit 1835, dem Wegzug der Familie, in der Obhut einer Verwalterfamilie.

Am 22. August 1842 erteilte die Herzoglich Nassauische Bergmeisterei in Wiesbaden dem „Gutbesitzer H. S. Aschrott zu Hessen-Kassel" auf Antrag seines Mainzer Anwalts Joseph Stumpf wegen beabsichtigter Bohrversuche auf Braunkohlen in der Gemarkung Hochheim zwei „Muthungen" auf Braunkohle:

1. auf den Fund in einem sechs Klafter tiefen Schacht im Dämel im Acker des Wilhelm Merkator zu Hochheim in 6 östlich 3 Klafter von der nördlichsten Ecke des der Witwe Johann Treber II gehörenden Ackers entfernt mit einer Feldzurechnung von 200 Klafter im Quadrat wird solch vom Funde aus mit 175 Klafter gegen Norden, 75 Klafter gegen Süden, 50 Klafter gegen Osten und 150 Klafter gegen Westen vermessen.

2. Auf den Fund im Distrikt Kohlkaut  im Acker der Witwe Joseph Trompetta zu Limburg in 4-5 Klafter südwestlich von dem Punkt entfernt, wo die nordwestliche Ecke dieses Weinbergs mit der südwestlichen Ecke des der Witwe Philipp Hofmann gehörenden Weinbergs zusammenstößt, womit ebenfalls die Ansprüche nach bewirktem Aufschluß des Braunkohlenlagers ein Grubenfeld von 200 Klafter im Quadrat zu zwar 100 Klafter vom Funde aus nach den vier Weltgegenden zu erhalten".

Außer dem Bereiche dieser beiden Berechtigungen und Stadtberinge sollten dem Bergbau auf Braunkohlen in der Gemarkung, sofern er nicht unter die besseren Weinberglagen fällt, kein Hindernis im Wege stehen.
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Sigmund Aschrott. 1826 in Hochheim geboren, besuchte in Frankfurt eine Privatschule, leistete danach eine kaufmännische Lehre, kehrte 1844 zu seinen Eltern nach Kassel zurück und wurde im elterlichen Geschäft später Eigentümer von Weingut und Kohlengruben in Hochheim.

1844 wurde mit Bohrungen begonnen, die auf 6 Monate bis 27. Januar 1845 befristet waren. Der Anwalt Joseph Stumpf und Franz Deninger aus Mainz hatten namens des Seligmann Aschrott aus Kassel den Hochheimer Schultheiß Adam Kulimann daraufhingewiesen, daß Aschrott auf Braunkohle ein „Muthungsrecht" in der Gemarkung besitze. Die Herzogliche Landesregierung habe Aschrott „für das übrige Gemarkungsterrain ein gleiches Recht zum Schürfen eingeräumt". Nunmehr solle der Schultheiß das Muthungsterrain abzeichen, damit die „nötigen Vorbereitungen zum Beginn von unserer Seite angeordnet werden können".

Stadtschultheiß Kullmann notierte: „Dem Aschrott sind im Dämel neue Funde aus 200 Klafter im Quadrat und zwar nach Osten in gerader Linie nach Burgeffs Garten, 50 Klafter nach Norden gerade dem grünen Weg hinüber, 175 Klafter nach Westen ins Daubhaus über das Bassenheimer Grundstück hin und 25 Klafter südlich bis an die Chaussee abgemessen". Über die folgenden Aktivitäten von Grubenbesitzer Aschrott ist nur so viel bekannt, daß er vor 1860 seine Schürfrechte und das in Anspruch genommene Land verkauft hat. Im Jahre 1860 ist nämlich von Grubenbesitzer Johann Fritz aus Wiesbaden die Rede, der nach Feststellung von Bürgermeister Kullmann „nach feldgerichtlicher und feldpolizeilicher Bestimmung und hiesiger Observierung während der Traubenreife und des Grabens die ganzen Weinbergsfelder geschlagen hat und jedem Gutsbesitzer, dessen Weinberge an öffentliche Wege und Straßen grenzen oder anstoßen, solche mit Geländer zum Weg zuzumachen, verpflichtet ist und sich Niemand, selbst nicht der Eigentümer auf Weinbergsfelder, die in dem abgesteckten Schürffeld liegen, aufhalten darf.

Die „Güte Gottes"

Während des Weinbergsschlusses durften nur ausnahmsweise dringende Arbeiten mit Zustimmung des Feldgerichtes und gegen Zahlung eines Extrabeitrags verrichtet werden. Zuwiderhandlungen wurden mit Strafen von l bis 3 Gulden geahndet. Dem Grubenbesitzer Fritz wurde bekanntgemacht, daß das Weinbergsfeld ab dem 20. Oktober 1860 völlig geschlossen ist und er seine Arbeiten im „hiesigen Weinbergsbann" einstellen muß.

Inzwischen fragte Bürgermeister Kullmann bei seinen Kollegen in Johannisberg, Hallgarten und Geisenheim an und erhielt von ihnen die Antwort, daß während des Weinbergsschlusses die Bergwerksarbeiten völlig untersagt werden und im äußersten Fall dahingehend zu gestatten seien, daß eine von der betreffenden Berg-Gewerkschaft zu stellende verpflichtete Person die ständige Aufsicht bei den Arbeiten führt. In dieser Zeit ließ Fritz die Gebäude an der Grube im Distrikt „Dämel" errichten, und es entstand der Name des Bergwerks „Güte Gottes". Die Güte Gottes, westlich vom Stadtbering gelegen, war bis zu ihrem Abbruch, bedingt durch den Autobahnbau, für die Hochheimer ein Begriff. Bis zuletzt war das Hauptgebäude bewohnt.

Am 31. Oktober 1860 zeigte der Sohn des Grubenbesitzers Fritz an, daß die Grube „Güte Gottes" gesunken sei. Er bat um Erlaubnis, am Allerheiligentage arbeiten zu dürfen, weil die Sache sonst gefährlich werden könnte. Ferner bat er darum, die Grube sofort durch den Bergmeister untersuchen zu lassen, „weil durch die Bauungen in diesen Kohlengruben leicht ein Unglück herbeigeführt werden kann". Bergmeister Giebeler stellte fest, daß er die Grube in völlig „bauhaften und sicheren Zustande gefunden habe". Die wahrzunehmenden Senkungen der Oberflächen seien durch Setzen des Besatzes der Abbauräume verursacht. Beschwerden deswegen seien unbegründet.

Nach einem Attestat, das sich Hochheims Bürgermeister von Schultheiß Embs aus Wicker schicken ließ, war Joseph Fritz, der ledige Sohn des Wickerer Bürgers Johann Fritz, 19 Jahre alt, von guter Erziehung, seines Betragens und seiner Aufführung sehr gut und nicht das Geringste gegen ihn einzuwenden.

Da Vater Fritz die „Kohlen- und Thongruben" ausbauen wollte und dafür Kapital erforderlich war, mußte er sein Vermögen offenlegen.
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Die „Güte Gottes". Wohnhaus mit anschließendem Fabrikgebäude der Kohlengrube „Güte Gottes", 1860 erbaut.

Sein Besitz in Hochheim wurde im Juli 1862 taxiert:

„Wohnhaus mit anschließendem Fabrikgebäude - 16.500 Gulden.
Gegenüberliegendes Zechenhaus - 5.600 Gulden.
Ein weiteres auf dem Schacht l - 270 Gulden
2 Morgen 37 Ruten Ländereien worauf die Gebäulichkeiten erbaut sind  - 2.050 Gulden.
Eine Grube „Güte Gottes" beliehen auf Braunkohlen, Tonerde und Allaunerde mit einer Feldgröße von 165.000 Klafter. Über die Ablagerung der Kohlen in dem aufgeschlossenen Felderteil von nur 10.900 Klafter liegt bergmeisterlich Taxation vor - 128.000 Gulden
Mobilien und Utensilien dortselbst - 4.000 Gulden"

In dieser Vermögensaufstellung ist bemerkt, daß das „wichtigste Glied aller Hochheimer Nutzbaren Foßilien der blaue plastische Thon" ist. „Derselbe ist in einer ununterbrochenen Mächtigkeit von zehn Klafter Tiefe durchsunken ohne Kohle angehauen zu haben. Über die Wichtigkeit, Unerschöpflichkeit und Rohverkaufspreise desselben Begutachtung der Bergmeisterei Wiesbaden".

Schon 1860 hatte Grubenbesitzer Fritz die Erlaubnis für eine Backsteinbrennerei beantragt. In diesen Jahren gab es Sorgen wegen des Grubenschachts und Beschwerden verschiedener angrenzender Weinbergsbesitzer. Es ging um Gefahren für Fuhrwerke auf dem Weg nahe der Grube und Beschädigungen der Weinberge. Eine Schadenfeststellung kam auf 345 Gulden, die Fritz für 6 Weinbergsbesitzer aufzubringen hatte.

Am 27. Oktober 1863 beschäftigte sich das Hochheimer Feldgericht, dem unter vorsitz von Bürgermeister Adam Kullmann die Schöffen Johann Diener, Heinrich Diener, Johann Moock, Peter Stemmler und Anton Schleid angehörten, mit den Entschädigungsforderungen von drei Weinbergsbesitzern, die durch weitere Absenkung der „Güte Gottes" in ihren angrenzenden Weinbergen Schaden hatten.

1864 wurde dem Herzoglichen Amt von der Stadt Hochheim berichtet, daß auf dem Kohlenbergwerk von Josef Fritz eine Bretterhütte stehe, welcher der Einsturz drohe. Ein Schacht, der sehr tief und gefährlich ist, sei offen. Täglich liefen dort Kinder herum. Das Amt solle dem Fritz aufgeben, die Hütte abzulegen und den Schacht zuzumachen.

Mit dem Hochheimer Kohlenbergbau schien es dem Ende zuzugehen. 1865 wurde wiederholt gegen Fritz das Konkursverfahren eingeleitet. Nachdem im Frühjahr 1866 die „Güte Gottes" nicht mehr betrieben wurde, fanden sich jetzt dort zwei Arbeiter ein und begannen auf dem Gräberfeld aufs neue zu schürfen. Bürgermeister Kullmann war skeptisch. Er suchte die Grube auf und stellte fest, daß dort 20 bis 25 Fuß tief gegraben wurde ohne einzuschalen. Es wurde ihm zwar gesagt, die Erde hier sei fest und ein Einsturz sei nicht zu befürchten, doch war Kullmann gegenteiliger Ansicht. Er machte darüber dem Herzoglichen Amt Anzeige und empfahl diesem die Untersuchung durch einen Sachverständigen.

1867 hatte Fritz wegen seines Vermögens noch mit dem Hochheimer Feldgericht zu tun, dann hörte man nichts mehr von ihm.

Erst 1878 meldete sich die Stadt Wiesbaden wegen des „verhypothekisierten" Gebäudes von Josef Fritz in Hochheim. Dieser hatte mittlerweile seinen Wohnsitz gewechselt und lebte in Hannover und dann in Göttingen. Die Stadt Wiesbaden führte mit ihm einen Prozeß. 1882 wurde das Hochheimer Eigentum von Fritz vom Wiesbadener Rechtsanwalt Dr. Romeis verwaltet.

Seitdem ist vom einstigen Hochheimer Bergbau kaum noch die Rede. Lediglich Bodenuntersuchungen in jüngerer Zeit, so für die Fundamentierung größerer Bauvorhaben in Distrikten weitab vom alten Stadtgebiet, haben die Erkenntnis gebracht, daß Braunkohlenschichten vorhanden sind und an dieser oder jener Stelle Erdumschichtungen und Grabungen vorgenommen wurden. Den wenig Erfolg versprechenden und risikoreichen Nachforschungen nach Bodenschätzen haben längst andere Erwerbszweige den Rang abgelaufen. Sicherlich hat Domdechant von Fechenbach schon 1592 recht behalten mit seiner Aussage, daß für Hochheim der Weinbau das beste Bergwerk wäre.

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Adam Kullmann, Stadtschultheiß 1838-1847, Bürgermeister 1855-1882.

Anmerkungen:

l Gulden hatte vor 1817 nach heutiger Währung im Jahre 1960 einen DM-Wert von 12 DM, nach 1817 von 11 DM. Den Kaufwert der alten Münzeinheiten in heutigem Geld kann man nur nach den Lebenshaltungskosten ungefähr abschätzen.

l Zoll waren im Jahre 1825 25 Millimeter

l Klafter (als Längenmaß) waren 250 Centimeter

Flur „Im Dämel" westlich des früheren Ortsrandes zwischen B 40 nach Mainz und Wiesbadener Weg (heute Weststadt) gelegen. Dämel für Schweinemast.

Flur „In der Kohlkaut" zwischen Main und Bahnlinie östlich von Bahnhof Hochheim und Mainweg gelegen. Kohlkaut für Kohlengrube.

l Klafter (als Flächenmaß) waren 6,25 Quadratmeter.

Aus: Zwischen Main und Taunus – MTK-Jahrbuch 2000 – mit freundlicher Erlaubnis des Autors
26.10.05