Blümchen an der Wand
Hofheim: Kellereigebäude birgt Überraschung

Von Barbara Helfrich

Das Hofheimer Kellereigebäude könnte deutlich älter sein, als bisher angenommen. Hinweise dafür haben der Hofheimer Hobby-Historiker Dieter Reuschling und die Stadtarchivarin Roswitha Schlecker bei ihren Recherchen über die Geschichte des Gebäudes gefunden, das derzeit von Grund auf saniert wird.

„Das Kellereigebäude hatte einen Vorgängerbau, der wahrscheinlich an der gleichen Stelle stand", berichtete Reuschling gestern beim Baustellen-Informationstag, zu dem die Stadt Experten und interessierte Bürger eingeladen hatte. Möglicherweise hätten die Mainzer Kurfürsten das Gebäude Anfang des 18. Jahrhunderts nicht neu errichtet, sondern einen bereits vorhandenen prächtigen Pferdestall mit Kelterhaus und Speichern - einen so genannten Marstall - für ihre Zwecke umgebaut. Denkmalschützer wollen den Bau des Kellereigebäudes jetzt anhand von Holzresten in den Mauern exakt datieren.

Stuckdecke entdeckt

Nach Ansicht des Architekten Adam Müller deutet ein aus Flußsteinen gepflasterter Boden auf ein höheres Alter des Gebäudes hin. Er kam bei der Renovierung im Erdgeschoß zu Tage und soll künftig mit einer Glasplatte abgedeckt werden. Eine weitere Überraschung verbarg sich hinter mehreren Schichten Farbe: Blümchen und andere Kritzeleien, die vermutlich Schulkinder in die Wand geritzt haben, die Ende des 19. Jahrhunderts im Kellereigebäude unterrichtet wurden. Auch sie sollen sichtbar bleiben.

Eine große Herausforderung ist die Restaurierung einer Stuckdecke, die ebenfalls erst bei den Bauarbeiten in einem Raum im Obergeschoß zum Vorschein kam. Ursprünglich sollte dort die Herrentoilette gebaut werden, jetzt ist an ihrer Stelle ein Repräsentationszimmer geplant.

Für Dieter Reuschling belegt die Stuckdecke, daß die Mainzer Kurfürsten das Gebäude nicht nur als Amtssitz nutzten, sondern auch als Jagdschloß. Es werde deshalb „unter seinem Wert verkauft, wenn es nur als Kellerei bezeichnet wird", meint er. In den Archiven hat er mehrere Hinweise gefunden, daß der Fürst mit seiner Dienerschaft im Kellereigebäude wohnte, wenn er nach Hofheim kam. Seit Mitte der 1970er Jahre dient das Kellereigebäude als Haus der Vereine.

Nach der Sanierung werde der Wärmeschutz besser sein als der eines Neubaus, sagte Ulrich Disser, Umweltbeauftragter im Hofheimer Rathaus. Die Heizkosten würden um zwei Drittel sinken. Der Stromverbrauch soll künftig nur noch etwa halb so hoch sein. Beispielsweise werden die Lichter automatisch ausgehen, wenn niemand im Raum ist. Zudem leuchten die Lampen unterschiedlich stark, je nachdem wie viel Licht durch die Fenster scheint.
 

HAUS DER VEREINE

Baustelle ist das Hofheimer Kellereigebäude seit Herbst 2007. Voraussichtlich im nächsten März soll es fertig sein. Der große Saal wird dann im Erdgeschoß sein. Bisher war er im Dachgeschoß. Dort entstehen Büros.

2,5 Millionen Euro soll die Sanierung kosten. Ursprünglich hatte die Stadt nur knapp eine Million Euro veranschlagt. Brandschutzauflagen trieben den Preis nach Rathausangaben in die Höhe.

Frankfurter Rundschau – 10.6.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR