Wo der Ritter den Riesen bezwang
Eppstein: Burgmuseum feiert 100-jähriges Bestehen / Dachgeschoß soll ausgebaut werden

Von Andrea Rost

Ein Frankfurter Architekt ist der Begründer des Eppsteiner Burgmuseums. 1906 wurde Franz Burkhard mit der Renovierung der mittelalterlichen Ruine im Taunus beauftragt. Im Auftrag der Fürsten zu Stolberg-Wernigerode legte er nicht nur das verfallene Gemäuer frei und ließ Teile davon wieder aufbauen, sondern sammelte auch alles, was ihm dabei unter die Finger kam: Mittelalterliche Fliesen und Tontöpfe, Scherben von Tellern und Krügen, Armbrustpfeile und Kanonenkugeln. „Die meisten der frühen Fundstücke sind fein säuberlich katalogisiert", weiß Stadtarchivar und Museumsleiter Bertold Picard. Längst nicht alle davon sind heute im Burgmuseum zu sehen. Vieles, was zu Beginn des 20. Jahrhunderts und in den Jahrzehnten danach an Exponaten zusammengekommen ist, lagert in Magazinen, die über die ganze Stadt verstreut sind. Viel Platz gab es im Eppsteiner Burgmuseum nie. Zunächst war die Sammlung im Bettelbub-Turm untergebracht, 1929 übersiedelte sie in die ehemalige katholische Kirche auf der Burg.
Bertold Picard

Stadtarchivar Bertold Picard betreut die Sammlung seit 1965.

Museumsleiter Bertold Picard hat Ordnung in das bunte Sammelsurium gebracht.

Bertold Picard betreut das Museum seit 1965 und hat erstmals Ordnung in das bunte Sammelsurium gebracht. In den 80er Jahren wurde auf seine Initiative hin ein Ausstellungskonzept erarbeitet. Zehn Jahr lang lag es in der Schublade, bis Mitte der 90er Jahre rund 900.000 Mark aus dem Landesförderprogramm Einfache Stadterneuerung übrig waren, für die sich keine privaten Interessenten fanden. „Das war ein Glücksfall, wir konnten so das Museum für insgesamt 1,8 Millionen Mark komplett renovieren", sagt Picard. 2002 wurden die neu gestalteten Ausstellungsräume eröffnet. Seither erfahren Besucher im Altarraum der Kapelle alles über das mittelalterliche Leben auf der Burg.

Wer sich über eine schmale Holztreppe auf der Empore bemüht, findet neben einer Dokumentation der Burgfestspiele auch ein Gästebuch, in das sich Victor Hugo und Mendelssohn eingetragen haben, kolorierte Postkarten und Burg-Souvenirs aus dem vergangenen Jahrhundert. Zu einer Sammlung alter Ansichten der Burg gehört das vermutlich wertvollste Exponat des Museums, ein Ölgemälde von Peter Becker aus dem Jahr 1890. Demnächst sollen auch die Historie der Herren von Eppstein und die Stadtgeschichte Themen im Museum sein. Dazu muß aber erst noch das zweistöckige Dach mit Spitzbogen fertig ausgebaut und zum Ausstellungsraum umfunktioniert werden.

Wenn am morgigen Sonntag, 15 Uhr, das Jubiläum des Burgmuseums gefeiert wird, bekommen die Besucher eine Rarität zu sehen, die für gewöhnlich in den Magazinen des Wiesbadener Museums lagert: Das Original der sagenhaften Rippe des Riesen kehrt dann nach Eppstein zurück. Ritter Eppo habe einst die Jungfrau Berta von Bremthal vor einem Riesen befreit und an der Stelle der Errettung eine Burg gebaut, erzählt die Sage. Forscher haben anderes herausgefunden. Bei der angeblichen Rippe des Riesen handelt es sich um einen Knochen aus dem Unterkiefer eines Wals. Als Symbol für Reichtum und Macht hing er einst in der Torhalle der mittelalterlichen Burg.

Frankfurter Rundschau – 13.9.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR