Hexenverfolgung - und was daraus gemacht wird
Ein Kommentar am Internationalen Frauentag von Herbert Steffes

Es ist verdienstvoll, daß jetzt vor allem viele Frauen an das Schicksal der als vorgebliche Hexen ermordeten Frauen erinnern. Doch ist es damit getan? Was ist das inhaltliche Ziel? Was fehlt?

Den Frauen wollen viele "die Menschenwürde zurückgeben", andere reden von der "theologischen Rehabilitierung". Für letzteres sind die Nachfahren der Täter bzw. Urheber, der "Schuldiger", zuständig - doch Karl Lehmann hält sich still zurück. Beide Kirchen haben sich nicht kollektiv Asche auf's Haupt gestreut… Und "Gott"? Naja…

Die Menschenwürde zurückgeben: bedarf es dafür eines formalen Aktes, als ginge es um einen rechtlichen Akt? Die Menschenwürde ist diesen Opfern längst wieder zuteil geworden: indem ganz viele Menschen seitdem nicht nur das Verbrecherische dieser Untaten erkannt sondern auch beim Namen genannt haben. Da sollten wir doch ganz klar sagen, daß auch damals Menschen diese Verbrechen als eben solche erkannt haben: doch bei zu befürchtender Anklage und Verurteilung als Ketzer etc. waren die allermeisten dieser Menschen zu schweigen gehalten.

Schuld: Warum gab es diese Verbrechen überhaupt? "Das Volk" in seiner sprichwörtlichen Dummheit, Unwissenheit, in seinen Todesängsten? Gar als antreibender Motor, wie es gerne dargestellt wird? Nein, das waren nur die Mitläufer, die Getriebenen. Wer also sind die Schuldigen?

Getrieben waren die Menschen von der barbarischen Angst vor dem Tod, den Höllenqualen, den ewigen Martern und Foltern, dem Teufel. Und dafür waren die Kirchen zuständig. Diese haben diese Instrumente weidlich genutzt für ein schreckliches Terrorregime. Nicht zuletzt auch zur Bereicherung - so manche "erste urkundliche Erwähnung" verdankt sich vor allem der Furcht vor den vermeintlichen Qualen nach dem Tode.

Daß auch die weltlichen Herrscher partizipiert haben - keine Frage. Ebenso klar, daß sich die Kirchen nicht die Finger schmutzig gemacht haben durch Foltern und Brennen: dafür war das "weltliche" Personal zuständig, das aber auch "in der Furcht des Herrn" stand. Was manchem Zeitgenossen heute dazu dient, die Kirchen von "vorgeblicher Schuld" flugs freizusprechen.

Diese Ursachen gilt es deutlich zu machen. Hartmut Hegeler räumt zwar ein, daß im Bistum Mainz besonders heftig gebrannt wurde, wehrt sich aber ganz böse gegen das Erkennen der Ursache: der (christlichen) Religion, des religiösen wie weltlichen Aberglaubens: die Kirchen sollen tunlichst nur am Rande genannt werden. Als Zeitgenossen gewissermaßen.

"Aus heutiger Sicht": peinlich, peinlich. Verbrechen sind Verbrechen. Schon zum Zeitpunkt der Taten. Die Frauen, die als Hexen gepeinigt wurden, haben gewiß diese vorgebliche "Rechts"-Ordnung nicht anerkannt: sie waren in jeder nur erdenklichen Weise unschuldig - doch ungeheuer tapfer - Vorbilder für heute. Das Wort Menschenrechte, das heute von den ewigen Unterdrückern so gerne im Munde geführt wird, wenn es um die machtpolitischen Gegner geht, Menschenrechte, die doch vorgeblich universell sein sollen, sie sollen, nein, müssen dann, verdammt noch mal, auch Maßstab für die damalige Zeit sein.

Diese Frauen sind Verbrechen zum Opfer gefallen - durch Taten, die auch damals schon Verbrechen waren. Das ist die Erkenntnis, die heute gefunden… und verkündet… werden muß. Wer das nicht tut, besudelt diese Frauen noch einmal.

Eine "vorsichtige Formulierung" sei in Hofheim gefunden worden! Das ist die Inkonsequenz auf die Spitze getrieben, vor allem wenn das Menschen sagen, die das schreckliche Unrecht nicht nur erkannt haben sondern auch die Wiederkehr in jeglicher Form bekämpfen..

Für heutige Staatsbürger mit einem scharfen Blick gegen Unterdrückung jeglicher Art heißt es wach zu sein, aufmerksam, auf Haupt- wie Zwischentöne zu achten. Aber eben auch gegen die - bewußte oder fahrlässige - Unterdrückung von Wahrheiten und Erkenntnissen. Es gibt ganz besonders ausgeprägte Verdunklerinnen, die alle Schlußfolgerungen dem Nimmerleinstag überantworten wollen - mit der besonderen Bedingung, daß nur Sachkundige nach sorgfältigster Abwägung dazu berufen seien… L'art pour L'art, muß ich da schaudernd fürchten.

(8.3.11)