Kaltblütig erschossen
Nach der Exekution ließen die SS-Männer aus Frankfurt die Leichen einfach liegen

Im Hotel Adler war 1945 die Kommandantur untergebracht. Dort wurden Wendelin Bauer und andere Gefangene für einige Tage eingesperrt.

Von Mathias Geiß

Heute vor 65 Jahren wurden im Eichwald kurz vor Kriegsende zwei junge Deserteure hingerichtet. Aus diesem Grund wird jetzt dort eine Gedenktafel enthüllt.

Bad Soden. Es ist nicht alles geklärt, was sich in den letzten Kriegstagen vor 65 Jahren in der Kurstadt zugetragen hat. Einer der hingerichteten jungen Männer war der gerade 18 Jahre alt gewordene Wendelin Bauer aus Külz, einem Bauerndorf im Hunsrück, die Identität des zweiten Toten steht nicht zweifelsfrei fest. Möglicherweise, so hat der Historische Verein recherchiert, handelt es sich bei ihm um den 17 Jahre alten Flakhelfer Karl-Heinz Dotzert aus Romrod im Vogelsberg. Er wurde am 28. März 1945 in Bad Soden beerdigt und später in seine Heimat überführt.

Pfadfinder recherchierten

Der Bund Deutscher Pfadfinder Schwalbach hat den grauenhaften Vorgang Anfang der 80er Jahre recherchiert und die Geschichte von Wendelin Bauers Tod veröffentlicht. Der junge Hunsrücker wurde – zusammen mit seinen Kameraden – seinerzeit im März 1945 von dem Befehlshaber eines Infanteriebataillons nach Hause geschickt. Eine gefährliche Sache: Denn seinerzeit stand auf Fahnenflucht der Tod. Die jungen Soldaten zogen Zivilkleidung an und versuchten, zu Fuß ihre Heimatorte zu erreichen. Fast hätte es Wendelin auch geschafft: Er war nur 25 Kilometer – das ist etwa ein Tagesmarsch – von Külz entfernt, als ihn ausgerechnet ein Schulkamerad – ein verblendeter Anhänger der Nationalsozialisten – an die Aßmannshausener SS-Einheit verriet. Als er den Rhein überqueren wollte – auf der anderen Seite waren schon amerikanische Truppen zu sehen – wurde er verhaftet und gemeinsam mit anderen Gefangenen nach Soden gebracht. Dort wurden sie für einige Tage im Hotel Adler eingesperrt – ohne Wasser und Verpflegung.

Während auf der Fahrt in Richtung Taunus einige der Mitgefangenen Wendelins fliehen konnten, wurde den verbliebenen «Volksverrätern» in der Kurstadt unbarmherzig der Prozeß gemacht. Das Standgericht tagte im Kreisaltersheim am Eichwald, in dem das Lazarett untergebracht war. Ein Soldat wollte dem jungen Hunsrücker noch zur Flucht verhelfen, doch ein SS-Mann kam dahinter. «Wenn Du das machst, wirst Du auf der Straße erschossen wie ein Hund», soll er gesagt haben. Wie der zweite Junge wurde Wendelin Bauer dann wegen Fahnenflucht zum Tod durch Erschießen verurteilt.

Bei der Exekution im Eichwald sollen sich Luftwaffenangehörige aus Eschborn geweigert haben, den Befehl auszuführen, auch Passanten protestierten. Das hielt zwei SS-Schergen aus Frankfurt nicht davon ab, das Urteil selbst zu vollstrecken. Zuvor schrieb Wendelin unter Tränen noch einen Abschiedsbrief an seine Eltern. Seine Leiche wurde notdürftig verscharrt, den anderen Jungen ließen die SS-Männer einfach liegen.

Höchster Kreisblatt - 26.3.10. - mit freundlicher Erlaubnis des HK

Gedenken im Eichwald
Bad Soden: Tafel erinnert an Nazi-Opfer

Die beiden jungen Soldaten waren im März 1945 auf dem Heimweg. Ihre Einheit war bereits aufgelöst. Da wurden sie im Eichwald aufgegriffen, als Deserteure verurteilt und von einem Exekutionskommando der SS erschossen. Einer von ihnen war der Hunsrücker Wendelin Bauer, gerade 18 Jahre alt; der andere ein Junge, dessen Name und Herkunft unbekannt sind.

An der Stelle, an der die beiden jungen Männer erschossen wurden, hat der damalige Sodener Förster einen Gedenkstein aufgestellt. Der Bund Deutscher Pfadfinder und Pfadfinderinnen Schwalbach hat die Geschichte der Hinrichtung recherchiert und in einer Broschüre zum Alltag im deutschen Faschismus veröffentlicht.

Hinweise im Eichwald wurden jedoch immer wieder zerstört. Nun soll eine Messingtafel am Hauptweg im Eichwald auf das Verbrechen hinweisen, das hier vor 65 Jahren geschehen ist. Die Bad Sodener Grünen und die CDU haben die Tafel, die mehrere hundert Euro gekostet hat, finanziert, die Stadt übernimmt die Kosten für den Betonsockel.

Frankfurter Rundschau - 26.3.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR

Unzählige deutsche Soldaten wurden 1945, kurz vor Toresschluß, durch die SS, die Wehrmachtskettenhunde oder auf Geheiß von NS-Amtswaltern ermordet.
Kaum einer von diesen charakterlosen Lumpen wurde jemals belangt: es basierte ja alles auf “gültigem Recht” der Nazis. Da werden kleine IMs heutzutage doch ganz anders rangenommen.
Haben die Zeiten sich geändert? Es scheint so...