Rätsel aus vorchristlicher Zeit
Hofheim: Auf dem Baugelände an der Ahornstraße entdecken Forscher eine Siedlung

Von Barbara Haas

Ein Ofen ohne Feuer läßt die Archäologen grübeln. Die Siedlungsspuren, die sie auf dem Baugrundstück an der Ahornstraße in Hofheim-Marxheim freigelegt haben, schreiben sie eindeutig einer Feuerstelle zu. Sicher sind sie auch, daß diese zu einer Siedlung aus der Hallstatt-Zeit etwa 500 Jahre vor Christus gehörte. Die roten Brandspuren in der Erde fehlten jedoch, stellt Susanne Heun fest. Wurde der Ofen nie befeuert, fragt sich die Archäologin, die im Auftrag der Stadt die Ausgrabungen auf dem Gelände oberhalb des Recyclinghofes betreut.

Auf dem städtischen Grundstück sollen bis 2009 ein Bürgerhaus und Kulturzentrum sowie zwei Lebensmittelmärkte entstehen. Weil bekannt ist, daß die angrenzenden Flächen schon in der Stein- und Eisenzeit besiedelt waren, ordnete das Landesamt für Denkmalpflege Untersuchungen an. Rund 200.000 Euro stellt die Stadt für die dreimonatigen Arbeiten bereit, die im Mai begannen.

Ein Tierskelett lag in einer Grube zusammen mit einem Keramikgefäß

Geomagnetische Messungen bestätigten die Vermutung der Denkmalpfleger. Erst bei den Ausgrabungen, die eine private Firma vornimmt, wurden jedoch auch Pfosten und Balken sichtbar, die von Häusern oder Speichern stammten. Die Wissenschaftler des Freien Instituts für Angewandte Kulturwissenschaften (Fiak) entdeckten mehrere Gruben, in einer lag ein Tierskelett, vermutlich das eines Schafes, zusammen mit einem Keramikgefäß. „Hier haben wir unten Keramik und Knochen herausgeholt", sagt Grabungstechniker Sirko Nitschke, der bis zur Hüfte in einem lehmigen Graben steht. Die Wissenschaftler sprechen von einer „Kegelstumpfgrube", weil sie sich wie ein Kegel nach unten hin verbreiterte. „Das war eine Vorratsgrube, die mit Abfall verfüllt wurde", erläutert Nitschke. Waren die im Boden gelagerten Vorräte aufgebraucht, wurde offenbar Abfall in die Vertiefung geworfen.

Unklar ist hingegen noch, was sich auf einer Grabungsfläche am unteren Hang des Geländes abspielte, die als „Grubenhaus" bezeichnet wird. Dies ist der bisher herausragendste Fund. Die Verbindung eines Hauses mit einer Grube könnte auf eine Keramik-Werkstatt hindeuten. Während sich die Archäologen bis zum Hausfundament durch die Erdschichten arbeiteten, fanden sie nicht nur Lehmklumpen, die ungewöhnlich stark mit dem zur Keramikherstellung verwendeten Schamottenbrei versetzt waren. Sie vermuten auch einen Brunnen an der Stelle. In tieferen Schichten stießen sie auf Scherben aus dem Neolithikum. „Wir denken, daß der Befund verschiedene Funktionen hatte, die zeitlich getrennt waren", sagt Grabungstechnikerin Petra Fleischer. Unterschiedliche Arbeitsthesen würden nun gedeutet, berichtet Grabungsleiterin Elisabeth Faulstich.

Unterdessen zeichnet Fiak-Mitarbeiterin Miriam Fricke mit Buntstiften das Grabungsprofil auf. Sämtliche Fundstellen werden zudem digital vermessen und fotografiert. „Damit man alles am Schreibtisch rekonstruieren kann", erläutert Faulstich.

Archäologin Heun will in einem Vortrag über die Funde berichten

Denn das Bodendenkmal werde unwiederbringlich zerstört. Die Fundstücke hingegen sollen eventuell in einer Ausstellung zu sehen sein. Über die Erkenntnisse der Archäologen berichtet Susanne Heun in einem Vortrag im Herbst.

Frankfurter Rundschau –28.6.08 - mit freundlicher Erlaubnis der FR