300 römische Gutshöfe gab es in der Region
Der Archäologe Michael Schmidt kümmert sich in seinem neuen Buch um ein Spezialthema der Geschichte der Römer im Rhein-Main-Gebiet – die Gutshöfe und Straßenstationen.

Main-Taunus. Den Limes kennt jeder, und in Hofheim haben schon viele davon gehört, daß sich auf dem Hochfeld zwei römische Kastelle befunden haben. Das sind militärische Anlagen – da die Römer in der Region als Besatzungsmacht aufgetreten sind, ist das besondere Interesse daran gerechtfertigt. Aber die Legionäre, die den Limes bewachen mußten, mußten ernährt werden, und dazu gründeten die Römer Gutshöfe, die Villae rusticae.

300 dieser Gehöfte gab es, so weit bekannt, alleine im Gebiet der Civitas Taunensium, dem Verwaltungsbezirk, der vom Schwarzbach bis weit in die Wetterau reichte. Im Nachbarbezirk mit dem Zentrum des heutigen Wiesbadens dürften es kaum weniger gewesen sein. Schmidt beschränkt seine Darstellung aber auf das Gebiet der Civitas Taunensium. Grund: Das Buch gehört zu einer Reihe «Forschungen zu Nida», die sich mit diesem Verwaltungsbezirk und seinem Hauptort Nida befaßt, der in Frankfurt-Heddernheim und auf dem Gebiet der Nordweststadt lag.

Schmidts Bücher, so auch das aktuelle, bestehen weniger aus neuen, eigenen Forschungsergebnissen. Der Autor stellt aber den Stand der wissenschaftlichen Forschung ebenso umfassend wie systematisch dar. Soweit vorhanden, werden die Beschreibungen durch Fotos und Skizzen ergänzt. Für jeden, der sich mit der römischen Epoche der regionalen Geschichte befassen will, ist dieser Band eine wichtige Grundlage. Zu tun ist da noch genug – keine einzige dieser Villae Rusticae wurde bislang komplett ausgegraben.

Elf Fundstellen beschreibt Schmidt für den Nordosten des Kreises zwischen Hofheim und Eschborn. Zwei davon betreffen so genannte Mansios, Straßenstationen, die besser erforscht sind als die Gutshöfe. Eine davon lag zwischen Hofheim und Kriftel unweit des Schmelzweges, noch 1842 standen einige Mauern dieses Anwesens aus der Römerzeit aufrecht. Unverantwortlich ist aus heutiger Sicht, daß man den Wissenschaftlern nur zwei Wochen Zeit zur Erforschung der Anlage gab. Gefunden wurden zwei große, quadratische Gebäude, Schmelzöfen und mehrere Keller. An dieser Stelle zweigte von der Straße zwischen Nida und Mainz, die über Hofheim führte, eine Straße zum Main ab.

Die Straßenstation in Niederhöchstadt wurde erst 1986 entdeckt und liegt an der ehemaligen Straße von Nida zum Feldbergkastell. Die Station diente als Post- und Pferdewechselstation, als Herberge und vor allem als Sammelstelle für die Produkte der umliegenden Villae Rusticae. Von hier aus wurden auch am Limes stationierte Truppen versorgt.

Auf die Gutshöfe selbst deuten oft nur wenige Fundstücke hin, im Falle eines zwischen Hofheim und Münster gelegenen Anwesens zum Beispiel nicht mehr als Keramik- und Ziegelreste sowie verbrannter Dachschiefer. Auch die an der Landstraße von Bad Soden nach Königstein gefundenen Münzen gelten als Hinweis auf einen Gutshof. Da ist die Beweislage im Eschborner Norden mit Mauerresten und einem Brunnen deutlich besser. Erwähnt werden außerdem ein Gutshof oberhalb des Lachgrabens in Oberliederbach und Fundstellen in Schwalbach.

Erheblich vergrößert wird der Nutzwert des Bandes durch ein ausführliches Kapitel über die Villae Rusticae im Allgemeinen. Das Buch im DIN-A-4-Format mit 203 Seiten ist für 29 Euro direkt beim Artaunon-Verlag zu beziehen und kann unter Telefon (0 69) 5 89 03 95 bestellt werden. Btbt

Höchster Kreisblatt - 7.12.10 - mit freundlicher Erlaubnis des HK