Als sich der Kanal rot färbte
Hofheim: Ausstellung erzählt von ungeliebten Wasserzählern und Jauchegeruch

Von Jöran Harders

Daß es vor allem die Bäcker waren, die vor gut 80 Jahren gegen die Einführung von Wasserzählern protestiert haben, ist kaum verwunderlich. Als „einseitige Besteuerung" hatten sie 1927 den Einbau von „Wassermessern" in einem Brief kritisiert, der in einer Ausstellung des Diedenberger Heimatgeschichtsvereins gezeigt wird. Gemeinsam mit anderen Gewerbetreibenden mit hohem Wasserverbrauch wollten die Bäcker verhindern, daß die bis dahin übliche pauschale Bezahlung des Wassers durch eine verbrauchsbezogene Abrechnung ersetzt wurde - allerdings ohne Erfolg. Nach dem Vorbild anderer Ortschaften wurden auch in Hofheim die modernen Zähler installiert.

Rohre aus HolzBlick ins Reich der Rohre und Hähne

„Von der Quelle bis zur Puddelbach" ist Titel der Ausstellung, die einen Blick in jene Zeit werfen läßt, als die Verfügbarkeit von Trinkwasser noch nicht selbstverständlich war. Die Schau ist Teil eines gemeinsamen Kulturprojekts der Stadt, des Abwasserverbands, von Künstlern und Vereinen (vollständiges Programm unter www.hofheim.de). Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren Diedenbergener, die keinen eigenen Brunnen hatten, auf den „Rührborn" in der Dorfmitte angewiesen. Dieser öffentliche Brunnen wurde von einer Waldquelle gespeist, deren Wasser mit Holzrohren dorthin geleitet wurde. Einige noch erhaltene Stücke dieser Leitung sind ebenfalls Teil der Ausstellung.

Ein modernes Wasserleitungsnetz mit Metallrohren bekam der Ort 1897. Zuerst gab es fließendes Wasser aus der Leitung nur in einem Teil Diedenbergens. Außerhalb des Ortskerns gelegene Häuser bekamen nur einen Anschluß, „wenn das Wasser mit natürlichem Gefälle dahin zu bringen ist und wenn deren Besitzer auch die Kosten für den Rohrstrang tragen", wie es im „Statut für die Abgabe von Wasser" hieß.

Rund ein halbes Jahrhundert lang wurde das Abwasser nicht in unterirdischen Leitungen entsorgt, sondern floß in offenen Kanälen durch das Dorf und gelangte ungeklärt in den Main. „Wenn der Metzger geschlachtet hat, dann waren die Kanäle rot", erzählt Richard Müller, Mitglied im Heimatgeschichtsverein. Das änderte sich erst in den 50er Jahren, als die Kanalisation nach und nach ausgebaut wurde. Bis dahin roch es auch schon mal streng, „wenn einem Bauern die Jauchegrube übergelaufen war" erinnert sich Müller. Vom Schuldigen kassierte der Ortspolizist eine Strafe von zwei Mark. Der Name „Puddelbach" erinnert daran - Puddel bedeutet nichts Anderes als Jauche.

TERMINE

Die Ausstellung „Von der Quelle bis zur Puddelbach" in den Räumen des Diedenberger Heimatgeschichtsvereins, Weilbacher Straße 1, ist an jedem ersten Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Weitere Termine nach Vereinbarung, Telefon 06192/37392.

„Wasser" ist der Titel einer Kunstausstellung im Hofheimer Rathaus, Chinonplatz 2, die ab Montag, 11. Mai, zu sehen ist. Gezeigt werden Malerei, Fotografie, Grafik und Skulpturen. Die Schau des Kulturkreises Wallauer Fachwerk wurde am Sonntag, 10. Mai 2009, um 11 Uhr im Rathausfoyer eröffnet.

Frankfurter Rundschau - 4.5.09 - mit freundlicher Erlaubnis der FR