Der Niederhöchstadter Gemeinderat vor 100 Jahren: 1908
Von Gerhard Raiß

Bei einem Blick in das Protokollbuch der Gemeinde Niederhöchstadt aus dem Jahre 1908 erfahren wir etwas von den Problemen und Aufgaben, die das damalige Gemeindeparlament, „Gemeinderat" genannt, beschäftigten.

Unter der Leitung des damaligen Bürgermeisters Joseph Burkart trafen sich die Gemeinderäte zu sieben Sitzungen im Jahr, zur ersten am 19. Januar 1908, zum letzten mal tagten sie am 4. Oktober.

Eine Auswahl der behandelten Tagesordnungspunkte, wie sie im Protokollbuch, das im Stadtarchiv überliefert ist, soll einen Einblick in die Themen geben.

In der ersten Sitzung am 19. Januar 1908 ging es unter anderem um die Erhöhung der Vergütung für das Anzünden der Straßenlaternen. Georg Henrich erhielt für jede anzuzündende Laterne nunmehr 23 Mark, statt vorher 20 Mark im Jahr, beginnend ab dem 1. Januar 1908.

Die Haltung des Gemeinde-Ziegenbockes wurde Adam Bommersheim für eine jährliche Vergütung in Höhe von 180 Mark übertragen. Zusätzlich wurde ihm dafür die Grasnutzung am Wich- und Eichweg übertragen.

Beschlossen wurde außerdem, daß die Gemeinde einen Kassenschrank zum Aufbewahren der Gemeindegelder und wichtiger Unterlagen anschafft.

Zusätzlich wird eine Versicherung gegen Einbruchdiebstahl abgeschlossen. Ob die Anschaffung des Kassenschrankes und der Abschluß der Einbruchsversicherung aus aktueller Veranlassung geschehen ist, wird leider nicht vermerkt.

In der Sitzung am 4. März werden vier Mitglieder in den örtlichen Schulvorstand gewählt: Hermann Buch, Wilhelm Buch, Philipp Bommersheim und Johann Brech.

Am 8. März wird der Kostenvoranschlag der Gemeinde für das Jahr 1908 in Einnahme und Ausgabe in Höhe von 20.760 Mark 30 Pfennige beschlossen. Die Gemeinderechnung dürfte somit aus der Sicht des Voranschlages ausgeglichen sein.

Dem Gemeindearzt Dr. Friedrich Spielhagen (* 1864 + 1931) aus Kronberg wird seine jährliche Entschädigung, auf seinen Antrag hin, auf 200 Mark erhöht.

Abgelehnt wurde in dieser Sitzung der Antrag des Philipp Bommersheim, ihm eine Erhöhung seiner Vergütung für die Bullenhaltung von 975 auf 1000 Mark im Jahr zu gewähren.

Dem Bürgermeister Burkart hingegen, genehmigten die Gemeinderäte einstimmig eine Erhöhung seiner jährlichen Vergütung für 1908 von 850 auf 950 Mark.

Am 26. April traf man sich in der Sitzung, um den neu gewählten Gemeindeverordneten (Gemeinderat) Alois Bauer in sein Amt einzuführen. Dies geschah „mit Handschlag an Eides statt".

Der Kostenvoranschlag für 1908 wurde per Beschluß verändert. Er beläuft sich nunmehr auf 24.214 Mark in Einnahmen und Ausgaben, also eine Erhöhung um rund 3000 Mark. Woher diese Erhöhung rührt, bleibt unbekannt.

Noch eine Erhöhung wurde beschlossen: der Gemeindearzt Dr. Spielhagen erhält mit 250 Mark einen Zuschlag von 50 Mark für das laufende Jahr 1908.

Auch dem Ortsdiener Heinrich Dahm erhöht man sein jährliches Salär um 50 auf nunmehr 275 Mark.

Um größere Summen wird es in der Sitzung am 28. Juni gegangen sein. Es wurde beschlossen, die Wasserpumpe in dem Gemeindebrunnen, zwischen der Hofreite des Balthasar Meter und dem Philipp Henrich II auf Kosten der Gemeinde zu erneuern. Allerdings müssen diejenigen, die dort Wasser entnehmen, Wassergeld bezahlen. Die Entnehmer Kilb und Reusch je 2 Mark und die Entnehmer Geschwister Bommersheim 5 Mark im Jahr.

Probleme gab es offenbar mit dem örtlichen Feldhüter. Es wurde beschlossen, ihm Vorhaltungen wegen seiner schlechten Dienstführung zu machen. Ihm soll außerdem mit Kündigung gedroht werden, wenn keine Besserung eintritt.

Einen Schritt in eine modernere Zukunft läßt der Beschluß zu, bei der Firma Klee & Leineweber aus Germersheim neue Straßenschilder für den Ort zu bestellen.

Mitten im Sommer, am 30. August, trafen sich die Gemeindeparlamentarier, um den Jahresabschluss von 1907 in Einnahmen von 26.228 Mark und Ausgaben von 26.221 Mark zu beschließen. Es ergaben sich 1907 Mindereinnahmen in Höhe von 559,20 Mark gegenüber dem Voranschlag.

Außerdem soll die Gemeinderechnung öffentlich ausgelegt werden, jedermann zur Einsichtnahme.

Der Einspruch der Wasserentnehmer aus dem Gemeindebrunnen wurde zurückgewiesen. Sie hatten sich offenbar gegen die Zahlung des Wassergeldes wehren wollen.

Auf dem „Eichheller" sollen weiterhin Fichten angepflanzt werden.

Einstimmig wurde die Einrichtung einer Schulsparkasse beschlossen.

Bei der jährlichen Gemarkungsbegehung soll der zuständige Katasterbeamte hinzugezogen werden.

Die letzte Sitzung im Jahre 1908 stand bereits am 4. Oktober an. Drei Tagesordnungspunkte verdienen dabei besonders hervorgehoben zu werden.

Es sollen auf Gemeindekosten neue Grenzsteine angeschafft werden, die später von den Grundstückseigentümern erworben werden können.

Der in der vergangenen Sitzung gefasste Beschluß über die Errichtung einer Schul-Sparkasse wurde aufgehoben, da bereits eine Sparkasse in der Gemeinde bestehe "und die Kinder bzw. deren Eltern, die für ihre Kinder sparen wollen, die Einlage bei derselben bewirken können, ohne daß die Kinder das Geld in die Hände bekommen und die Herren Lehrer nicht in Anspruch genommen werden".

Der letzte Beschluß zielte auf die Verabschiedung einer Polizeiverordnung über die Anschaffung und Anbringung von Numerierungen an den Wohnhäusern in der Gemeinde.

Damit verabschiedeten sich die Niederhöchstädter Gemeindevertreter bis zum 3. Januar 1909, denn erst dann fand die nächste Sitzung statt. So ist es wenigstens dem alten Protokollbuch zu entnehmen.

Aus:
Eschborner Stadtspiegel - Ausgabe 9/Jahrgang 39 - vom 28.2.08