Eisenhower, GSG 9 und Junkies
Main-Taunus: Naturschützer wollen ehemaligen Wehrmachtsflughafen Eschborn zum Kulturdenkmal machen

Von Claudia Horkheimer

"Betreten verboten - Lebensgefahr!", warnt das Schild an dem mit einer dicken Eisenkette versperrten Tor. Das Gelände hinter dem Zaun liegt brach, einige heruntergekommene Backsteingebäude sind aus der Ferne zu erkennen. Die Flugzeughalle nahe dem Zugang im Waldpark Arboretum wirkt hingegen noch ganz passabel. Das rund neun Hektar große Areal ist der letzte Überrest des ehemaligen Wehrmachts-Flughafens Eschborn. Der dehnte sich früher auf der gesamten Fläche des heutigen Waldparks aus.

Nach Auffassung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) sollten die Überreste der Militäranlage aus dem Zweiten Weltkrieg zum Nationalen Kulturdenkmal erhoben werden. Einen entsprechenden Antrag reichte deren Ortsbeauftragter für Schwalbach und Eschborn, Markus Trepte, jetzt bei der Bundes- und der Landesregierung ein. Das Gelände sei „historisch von außerordentlichem Wert" und habe „maßgebliche Bedeutung für die Gründung der Bundesrepublik", lautet die Begründung.

Der Flughafen wurde von den Nazis unter dem Tarnnamen „Schafweide" angelegt

Der Militärflughafen, den die Wehrmacht Ende der 1930er Jahren unter dem Tarnnamen „Schafweide" errichteten, bestand zunächst nur aus einer großen Wiesenfläche und wenigen Baracken. Er diente der Reichsluftwaffe zur Ausbildung an Lastenseglern. Das sind antriebslose Flieger, die Segelflugzeugen ähneln. 1944 wurde der Flughafen nach einem Bombenangriff mit 65 B-17-Bombern schwer beschädigt. Nach dem hiesigen Ende der Kampfhandlungen übernahmen ihn die Amerikaner. Diese richteten mit Hilfe von 1000 deutschen Kriegsgefangenen den Flughafen wieder her und ließen unter anderem eine 1600 Meter lange Start- und Landebahn anlegen. Unter US-Kommando war er anfänglich der einzige noch benutzbare Flughafen im Rhein-Main-Gebiet. Bis Kriegsende wurden von dort amerikanische Angriffe auf Süddeutschland geflogen. Außerdem nutzte ihn der Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte, General Dwight D. Eisenhower, der in Kronberg residierte, zum Starten und Landen. Auch wurden Nazi-Bonzen nach hier zum Verhör in die CIA-Stützpunkte in Kronberg und Oberursel geflogen.

Später ging das Areal an die Bundesrepublik über. Heute steht noch einer der großen Flugzeughangars. Die Reste einer weiteren, teilweise zerstörten Flugzeughalle dienten dem Technischen Hilfswerk bis vor wenigen Jahren als Übungsgelände. Auch die Antiterroreinheit GSG9 der Bundespolizei nutzte das Areal zu Übungszwecken. Und zeitweise galt der Ort auch als Drogenumschlagsplatz für Junkies.

Doch die Militäranlage kommt auch der Natur zu Gute. Durch das Drainagesystem unter den ehemaligen Rollbahnen wird das Feuchtbiotop im Arboretum mit Wasser versorgt und am Leben gehalten. Zudem habe sich auf dem Flughafengelände „eine Fauna und Flora angesiedelt, die es sonst nur noch an den Schwanheimer Dünen gibt", sagte Trepte der Frankfurter Rundschau.

Doch jetzt sieht der SDW das Biotop in Gefahr. Denn das Gelände sei als Ausgleichsfläche für die geplante ICE-Strecke Frankfurt-Mannheim im Gespräch. Laut einem Bahnsprecher stehen allerdings die Ausgleichsmaßnahmen noch nicht fest. Man sei mitten im Verfahren. Trepte befürchtet, die Deutsche Bahn könne die Anlage schleifen und Hochwald anpflanzen. Damit wäre das Areal jedoch für die Artenvielfalt verloren.

Statt dessen schlägt der SDW vor, die Fläche samt Gebäuden in Form eines Freilichtmuseums in das Arboretum zu integrieren. Die teilweise einsturzgefährdeten Gebäude ließen sich mit „relativ wenig Aufwand in Selbsthilfe restaurieren", meint Trepte. Daß die Gebäude historisch bedeutsam und schützenswert seien, bejaht auch der Eschborner Stadtarchivar Gerhard Raiss. Allerdings gibt er zu bedenken, daß jemand gefunden werden müsse, der die Anlage betreibt.

Das Gelände hegt auf Schwalbacher und Sulzbacher Gemarkung, ist aber im Besitz des Bundes. Die Bundesimmobilien-Verwaltung in Frankfurt bestätigte, daß die Liegenschaft zum Verkauf steht, aber noch nicht öffentlich ausgeschrieben sei. Kürzlich beschloß Eschborn, Gelände am Arboretum vom Bund zu kaufen. Der ehemalige Wehrmachtsflughafen gehöre jedoch nicht dazu, hieß es im Rathaus.

Eisenhower

Seltenes Biotop: der einstige Militärflughafen.

Frankfurter Rundschau - 12.3.10 - mit freundlicher Erlaubnis der FR