Der Vater des Eschborner Erfolges:
Hans-Georg Wehrheim - 80. Geburtstag!

Von Detlev Kiekheben-Schmidt

Der Sozialdemokrat hat die Basis dafür geschaffen, daß der Ort heute sehr wohlhabend und aller finanziellen Sorgen ledig ist. Ihm wird Respekt aus allen Parteien gezollt.

Eschborn. Als am 23. März 1961 in Eschborn ein junger Bürgermeister gewählt wurde, war das im benachbarten Frankfurt wohl niemandem eine Notiz wert. Im Frankfurter Römer hat sich damals wohl keiner irgendwelche Gedanken über die 3000-Seelen-Gemeinde am westlichen Rand der Metropole gemacht.

Mut zum Risiko

Doch daß sich in den vergangenen Jahrzehnten Weltfirmen angesiedelt haben und Eschborn zu einer der reichsten Städte Deutschlands herangewachsen ist, das ist eben jenem Bürgermeister zu verdanken, der damals eine Vision und Mut zum Risiko mitbrachte: Hans-Georg Wehrheim.

Die von ihm eingeschlagene Richtung wurde von seinen Nachfolgern im Rathaus bis heute weitergeführt. In den Diskussionen im Stadtparlament erwähnen alle Parteien seinen Namen immer wieder mit Respekt. Wie selbstverständlich wurde er Ehrenbürger der Stadt. Heute, Montag, wird Hans-Georg Wehrheim 80 Jahre alt und mit einem Geburtstagsempfang der Stadt im Rathaus geehrt. Zu diesem Fest kommt er mit seiner Frau direkt von Rügen.

Golf, Reisen, Gartenarbeit

18 Jahre lang war der Sozialdemokrat Wehrheim Bürgermeister in Eschborn. Auch nach seinem Weggang war er gefragt. Er war 20 Jahre lang selbstständiger Unternehmensberater für Projektmanagement, und er arbeitete für große Bauträger und kommunale Versicherer. Nach der Wende war er in den neuen Bundesländern am Aufbau von Wasser- und Abwasserverbänden und Stadtwerken beteiligt. Vor allem mit seinem geliebten Golfsport, mit Reisen und mit Gartenarbeit, besonders mit der Pflege von Rosen, genießt er sein Leben, nachdem ihm vor einiger Zeit sein Herz etwas Schwierigkeiten bereitet hatte. Vor etlichen Jahren hat er seine langjährige Lebensgefährtin Marlies Winkler geheiratet, sie wohnen jetzt in Schwalbach.

Hans-Georg Wehrheim stammt aus einer Familie von Maurermeistern und kleinen Bauunternehmern in Bad Homburg. Gerne wollte er Bauingenieur werden. Stattdessen nahm er die Möglichkeit wahr, gleich nach dem Krieg eine Verwaltungslehre in seiner Heimat zu beginnen. Er war später bei der Bundesschuldenverwaltung in Bad Homburg, dann bei der Stadtverwaltung in Oberursel, wo ihn das Angebot erreichte, Bürgermeister in Eschborn zu werden.

HGW Ehrenbürger 2005

Rathaus-Chef mit 31

Dort wählte ihn am 21. März 1961 das Gemeindeparlament einstimmig zum jüngsten Bürgermeister Hessens. Er war gerade 31. Fortan wurde er der Baumeister des heutigen Eschborns – eines Büro- und Handelszentrums im Vordertaunus und einer Wohnstadt im Grünen. «Bauen und Planen lagen mir einfach im Blut», sagte er einst. Ihm sei zugute gekommen, daß mit Amtsantritt in Eschborn den Städten und Gemeinden die Planungshoheit übertragen wurde. Und daß der Wortmann-Plan, der Vorgänger des Regionalplanes, Eschborn zu einem gewerblichen Siedlungsschwerpunkt machte. «Wir wollten ,weiße Industrie‘ herholen, Unternehmen ohne Lärm, Rauch und Ruß», sagt er. «Schließlich sollten auch viele Menschen nahe ihren Arbeitsplätzen wohnen.»

Mit der Finanzierung der Entwicklung gelang Wehrheim sein Meisterstück. «Die Gemeinde war arm wie eine Kirchenmaus», erinnerte er sich einmal. «Uns gehörten nur das alte Rathaus und der Friedhof, aber kein Gelände, denn das war alles privates Bauernland.» Vorrangig sei es gewesen, Grundstücke ins Eigentum der Gemeinde zu bekommen, «um zu bestimmen, wer sich in Eschborn ansiedelt», so Wehrheim. Das Land gab Darlehensgenehmigungen in Millionenhöhe zur Vorfinanzierung von Gewerbeflächen mit dem Risiko, darauf sitzen zu bleiben.

Das Steueraufkommen der Gemeinde war klein, und die Siedlungsvorhaben – die Gewerbegebiete Ost, Süd und West sowie die Wohngebiete Stadtpfad, Berliner Straße und Hanseatenviertel – sprengten eigentlich den Rahmen der Haushalte. Einmal blickte der damalige Landrat Dr. Joseph Wagenbach, als er in Eschborn weilte, mit sorgenvoller Miene auf die vielen Baukräne und sagte zum jungen Bürgermeister: «Herr Wehrheim, haben Sie sich diese Bauwut auch wohlüberlegt?»

Das Heft stets in der Hand

In jedem Kaufvertrag stand die Klausel, daß das Geschäft erst wirksam wird, wenn alle Grundstücke an die Gemeinde verkauft waren. Ihm sei immer Einvernehmen mit den Grundstückseigentümern gelungen, sagt der Alt-Bürgermeister mit Genugtuung. Ihm sei es ferner gelungen, die Stadtentwicklung in der Hand zu behalten und sie zu steuern, auch mit den Risiken, als Millionen an Erschließungskosten bewegt wurden. Und ihm sei gelungen, potente Firmen für Eschborn auszusuchen, die dann auch Erschließungskosten bezahlten und später Gewerbesteuer, damit im Rathaus nicht der Bankrott einkehrte. 1963 zogen die ersten Firmen in Eschborn-Süd ein, allen voran die ersten Häuser der Mode.

Mit den örtlichen Parteien pflegte der Bürgermeister stets ein gutes Verhältnis. Alle wegweisenden Beschlüsse zur Entwicklung wurden im Parlament einstimmig gefaßt. Bürger und fachkundige Eschborner ohne Mandat wurden in die Planungskommission berufen, die nach Wehrheims Weggang abgeschafft wurde.

«Ein großer Bürger»

Als große Leistung bewertet Wehrheim den Zusammenschluss von Eschborn und Niederhöchstadt 1971 im Einvernehmen aller Parteien. «Ich hatte auch immer Fortune», gibt er rückblickend zu. Doch wegen hessischer Links-Rechts-Parteiquerelen verlor bei der Wahl 1979 die SPD auch in Eschborn ihre Mehrheit. «Ein großer Bürger», sagte der damalige Landrat Bernward Löwenberg (CDU), mußte gehen. Der damalige evangelische Pfarrer Helge Richter überreichte Wehrheim zum Abschied zwei Orgelpfeifen, «weil Sie gezeigt haben, daß Sie auf vielen Registern spielen und mit großen und kleinen Pfeifen umgehen können».

Höchster Kreisblatt - 20.7.09 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

Mutig, klug und weitsichtig - Hans-Georg Wehrheim
Rund 120 Gäste haben Altbürgermeister Hans Georg Wehrheim gestern Abend die Ehre erwiesen. Beim Empfang zu seinem 80. Geburtstag erhielt er viel Anerkennung.

Eschborn. Ein schönes Kompliment gab es gleich vorweg. Hans Georg Wehrheim (SPD) stand am Eingang zum Stadtverordnetensitzungssaal des Rathauses und begrüßte die Gäste, als eine Besucherin seine Hand schüttelte und sagte: «Ich dachte, wir seien zum 70. Geburtstag eingeladen. Kaum zu glauben.» Eine Anspielung darauf, daß der Altbürgermeister sich mit seinen gestern vollendeten 80 Lenzen gut gehalten hat.
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Bürgermeister Wilhelm Speckhardt (CDU), der beim städtischen Empfang zu Ehren Wehrheims die Laudatio hielt, attestierte dem Sozialdemokraten, «alte Frische» auszustrahlen. Der Altbürgermeister sei immer noch «aktiv und frisch». Doch ging es in Speckhardts Rede gestern Abend weniger um Äußerlichkeiten als vielmehr um Wehrheims politisches Wirken zum Wohle der Stadt. Speckhardt unternahm einen Streifzug durch Wehrheims Amtszeit (1961 bis 1979) und hob hervor: «Unser heutiger Erfolg geht entscheidend auf seine Ideen und Vorstellungen zurück.» Wehrheim, der die Nachfolge von Heinrich Graf antrat, habe mutige Entscheidungen getroffen, «die die Grundlagen für den wirtschaftlichen Aufschwung Eschborns waren». HGW 80 - DSCF5529b

Vor 120 Gästen, darunter Angehörige Wehrheims und viele frühere Weggefährten, bescheinigte Stadtverordnetenvorsteher Horst-Günter Döll (CDU) dem Geburtstagskind, stets «eine kluge und weitsichtige Politik» betrieben zu haben. Er sei ein beliebter Bürgermeister gewesen, der immer ein offenes Ohr für die Bürger gehabt habe. Döll ergänzte, HGW, wie Wehrheim in Eschborn genannt wurde, sei der «Architekt des modernen Eschborn».

Ohne Wehrheims Verdienste zu schmälern, gestattete sich Wilhelm Speckhardt die Anmerkung, daß Wehrheims Tätigkeit als Bürgermeister in eine «Zeit des Aufbruchs» gefallen sei: «Es gab damals, ich sage es mal so, weniger Bedenkenträger und Neinsager.»

Der von vielen Seiten so sehr gelobte Wehrheim blieb bescheiden. Der in Schwalbach lebende Senior sagte eingangs seiner Danksagung, den 80. Geburtstag feiern zu dürfen sei «kein Verdienst. Es ist ein Geschenk.» Er habe immer gerne für Eschborn gearbeitet. ask

Höchster Kreisblatt - 21.7.09 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

Lesen Sie noch mehr über den Ehrenbürger HGW:
hier... und hier! Und über das (damals!) werdende neue Eschborn.