Die Geschichte eines Dorfes: Niederhöchstadt

Von Gerhard Raiss, Stadtarchivar Eschborn

Bereits in der Steinzeit siedelten Menschen in der Gemarkung Niederhöchstadt. Die Römer errichteten dort einen Bauernhof («Villa Rustica»). Zur Versorgung des Militärs am nahen Limes und in Richtung Kronberg wachte ein militärischer Straßenposten über die Sicherheit der Reisenden. All dies ist durch archäologische Funde belegt. Die erste schriftliche Erwähnung in einer Urkunde, in der der Name Niederhöchstadt («Eichenstat») vorkommt, stammt von 782. Ein Siegebert und seine Frau Balduiz schenkten dem Kloster Lorch (Bergstraße) drei Bauernhöfe mit 12 Leibeigenen, eine Wiese und einen Wald. Die dortigen Mönche sollte für das Seelenheil der Stifter beten.

Auch in späteren Jahren wurden immer wieder Schenkungen aus Niederhöchstadt an das Kloster Lorch gemacht. Dann wurde es stiller um die kleine Westerbachgemeinde. Am 17. August 1497 schließlich stellte der König und spätere Kaiser Maximilian I. einzig wegen Niederhöchstadt eine besondere Urkunde aus: Die Gemeinde erhielt Marktrechte. Das Dokument wird heute im Original im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden aufbewahrt.

Ritter Johann (VII) von Kronberg begab sich damals extra nach Worms an den Hof des Königs. Dort erhielt er aus der Hand des Herrschers eine große Pergamenturkunde mit dem großen königlichen Siegel. Darin wird dem Kronberger Ritter und seinen Nachkommen das Recht verliehen, in seinem Dorf «Nidern Hexstat» «auf ewige Zeiten» einen Jahrmarkt abzuhalten. Als Datum der Markttage wurde der St. Lukastag (18. Oktober) und der Tag danach bestimmt. Allen Besuchern des Marktes gewährte der König «Schutz und Schirm» und freies Geleit auf ihrer Reise zum Markt nach Niederhöchstadt, ebenso auf der Rückreise. Alle diejenigen, die dieses königliche Gebot missachten und den Markt beeinträchtigen oder stören, sollen mit 20 Mark in Gold bestraft werden. Ob der Jahrmarkt damals stattgefunden hat, ist fraglich: Es gibt keinen Beleg dafür.
Nhö-KB-A3-3-069

Niederhöchstadt blieb, zusammen mit Eschborn, unter der Herrschaft der Kronberger Ritter bis diese 1704 ausstarben. Ihr Besitz ging an die Mainzer Erzbischöfe, die ihn 1801 an die Herzöge von Nassau verloren. In all den Jahren blieb Niederhöchstadt ein unauffälliges bäuerlich-katholisch geprägtes Dorf. Selbst als Nassau 1866 preußisch wurde, änderte sich daran nicht viel. 1874 erhielt Niederhöchstadt mit dem Bau der Kronberger Eisenbahn Anschluss an «die große weite Welt», doch die Bewohner blieben bescheiden.

Durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene gab es nach dem Zweiten Weltkrieg einen Umschwung, Siedlungshäuser wurden gebaut, eine neue Schule und erstmals ein eigenes Rathaus. Auch konfessionell ändert sich etwas. Fast die Hälfte der Einwohner des Dorfes war nun evangelisch, mit eigener Kirchengemeinde. Die Bevölkerungszahl wuchs von 376 Einwohnern (1843) auf 1393 im Jahre 1939. Im Jahre 1950 wohnten über 2000 Menschen in Niederhöchstadt. Im Zuge der Gebietsreform schlossen sich ab 1. Januar 1972 die Gemeinden Niederhöchstadt und Eschborn freiwillig zusammen. Von da an nahm auch Niederhöchstadt Anteil an der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung der Nachbargemeinde, ohne den dörflichen Charakter einzubüßen.

Höchster Kreisblatt -11.8.10 - mit freundlicher Erlaubnis des HK