Unwiederbringlich verloren
Stadtarchivar Gerhard Raiss sucht händeringend nach Material. Kürzlich hat er über die Geschichte des Geländes referiert.

Eschborn. Es sind nur eine handvoll Bilder, doch Gerhard Raiss hat fast 30 Jahre lang daran gearbeitet, sie zusammenzutragen. «Es gibt fast keine Unterlagen mehr über den Eschborner Militärflugplatz», erklärt der Stadtarchivar. «Denn gegen Ende des Krieges gaben die Oberbefehlshaber der Luftwaffe den Befehl, nichts in Feindeshand fallen zu lassen. Und so wurden 95 Prozent der Luftwaffe-Unterlagen verbrannt.»

Die wenigen Bilder, die Raiss mittlerweile ausfindig gemacht hat, einige Karten, mehrere Luftaufnahmen und ein handgezeichneter Plan, zeigte er nun in einem Diavortrag im Waldhaus. Die meisten stammen aus den Geheimdienstakten der Alliierten. Raiss flog vor einigen Jahren sogar nach England, um dort im Nationalarchiv weitere Erkundigungen über den mittlerweile fast vergessenen Flugplatz einzuholen. «Außerdem habe ich meine Freunde in Amerika aktiviert, die ebenfalls gesucht haben», berichtet er.

Gerhard Raiss kennt die Geschichte des Flugplatzes mittlerweile gut, immer wieder hat er in den vergangenen Jahren Vorträge zum Thema gehalten. «1937 begann der Deutsche Reichsfiskus, hier in der Gemarkung Eschborn, Schwalbach und Sulzbach Gelände aufzukaufen», erklärt er. Der Preis von 60 Pfennig pro Quadratmeter sei damals durchaus üblich gewesen. Insgesamt 180 Hektar aneinanderhängendes Land wechselten auf diese Weise den Besitzer. «Wenn man jemanden fragte, was mit damit geschehen sollte, bekam man allerdings immer nur eine Antwort: Das ist geheim!», so Raiss.

Kurz darauf hätten private Baufirmen mit der Sanierung des Grundstücks begonnen. Fünf riesige Flugzeughallen, von denen heute nur noch eine steht, Verwaltungsbauten, ein Kantinenbau und Unterkünfte für die Platzkompanie wurden errichtet. Eine betonierte Start- und Landebahn gab es allerdings bis zum Schluß nicht. «Vom Eschborner Flughafen starteten vorwiegend Lastensegler, die die Wiese als Start- und Landebahn nutzen konnten», berichtet der Archivar.

Nie fertig gebaut

Die große betonierte Fläche, die heute oft der Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk (THW) und manchmal auch der Polizei sowie dem deutschen und amerikanischen Militär als Übungsplatz dient, war damals ein Abstellplatz für Flugzeuge. Außerdem gab es einen riesigen unterirdischen Kerosintank, der erst in den 50er Jahren wiederentdeckt wurde, als der Inhalt bereits gallertig gewesen sei.

Der Eschborner Flugplatz wurde nie fertig gebaut, denn andere Flughäfen in der Region hätten Vorrang gehabt, weiß Raiss. Nach der teilweisen Zerstörung des großen Rhein-Main-Flughafens war er jedoch eine willkommene Ausweichmöglichkeit. Am 15. August 1944 wurde der Eschborner Flugplatz von amerikanischen Fliegern bombardiert, allerdings mit mäßigen Verlusten. In der Bildersammlung befindet sich eine amerikanische Luftaufnahme vom 18. August, die die Schäden dokumentieren sollte. Ende März 1945 marschierten die US-Bodentruppen in Eschborn ein, zwei Tage zuvor hatte die deutsche Horstkompanie bereits das Weite gesucht. «Die Amerikaner befanden, daß der Platz ihnen von Nutzen sein könne, und nahmen ihn gleich wieder in Betrieb», so der Archivar. Etwa 1000 deutsche Kriegsgefangene richteten den Platz wieder her und wurden anschließend zur Sanierung des Rhein-Main-Flughafens verlegt.

In dieser Zeit landeten einige einflußreiche Leute wie der spätere US-Präsident Dwight Eisenhower und First Lady Eleanor Roosevelt in Eschborn. Nach Kriegsende sei der Betrieb eine Zeitlang noch parallel gelaufen, dann seien die Amerikaner zurück auf den eigentlichen Frankfurter Flughafen gezogen. Der Eschborner Flugplatz wurde vorübergehend von den sogenannten «Labor Service Units» als Dienstleistungsstandpunkt genutzt. Mittlerweile verfällt das Areal und dient eben als Übungsgelände. aze

Wer Fotos, Karten oder sonstiges Material zum alten Flugplatz nahe dem heutigen Arboretum hat, kann sich unter der Telefonnummer (0 61 96) 4 90-2 32 mit Eschborns Stadtarchivar Gerhard Raiss in Verbindung setzen. Er kann digitale Kopien anfertigen.

Höchster Kreisblatt - 4.8.09 - mit freundlicher Erlaubnis des HK

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