Eine Schau von ganz und gar nicht geheimen Verschlusssachen
Im Museum Eschborn sind Alltagsgegenstände zu sehen, die auf kleinstem Raum Platz für die Kunst bieten

Von Kai Budde

Knöpfe, Nähzeug oder Haarklammern: Im Eschborner Museum zeigt die Historische Gesellschaft Verschlusssachen aus zwei Jahrhunderten, die den Geschmack der jeweiligen Zeit widerspiegeln. Die Alltagsgegenstände stammen von Alfred Christel. Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Januar 2000 geöffnet.

ESCHBORN. Gebrauchsgegenstände aus dem Alltag können so viel erzählen. "Sie sind wie Spiegelbilder des Zeitgeschmacks", sagt Konrad Schneider. Als Beispiel nennt der Historiker die kostbaren Buchschließer.

Sie bieten in seinen Augen reichlich Platz für ein Kunstwerk auf kleinsten Raum, wie ein Exemplar unterstreiche, das die Auferstehung Christi abbildet.

Auch dieses winzige Kunstwerk ist zur Zeit im Eschborner Museum zu sehen. Die Historische Gesellschaft Eschborn stellt dort Alltagsgegenstände unter dem Titel „Verschlusssachen — modische Accessoires" aus. „Das ist eine liebevoll angelegte Sammlung von Alfred Christel", sagt Konrad Schneider. Christel war Sammler, Lyriker und Publizist, den die Nazis 1939 in das Konzentrationslager Sachsenhausen sperrten — wegen „kommunistischer Machenschaften" und seiner Homosexualität. Die Alliierten befreiten ihn schließlich aus dem Lager. Seitdem arbeitete er als Lyriker und Privatgelehrter, bis der 70-Jährige im Jahre 1977 freiwillig aus dem Leben schied. Seine Sammlung hatte er kurz zuvor dem Geschichts- und Altertumsverein Frankfurt-Höchst vermacht.

Aus deren Beständen setzt sich auch die Ausstellung in Eschborn zusammen. Sie zeigt kleine Schmuckstücke wie beispielsweise Knöpfe in allen möglichen Farben. Die meist rundlichen Verschlussstücke sind aus unterschiedlichen Materialien hergestellt, wie Metall, Hörn, Knochen, Glas, Perlmutt und Hartgummi. „Sie bestehen in jüngster Zeit überwiegend aus Kunststoff", erläutert Historiker Schneider. Auf ihrer kleinen Oberfläche haben Künstler Wappen oder Tiere abgebildet — für Schneider sind das einmalige Zeitdokumente des Alltags.

Ein Augenschmaus in den Augen des Historikers sind besonders die Buchschließer. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit versah man die kostbaren handschriftlichen oder gedruckten Werke mit solchen Schließern. Sie hätten dafür gesorgt, dass die Bände nicht auseinander klafften. Eine kleine Kostprobe gibt auch die Ausstellung, die reich verzierte, manchmal mit biblischen Motiven geschmückte Exemplare zeigt, wie Josef und Maria. Zu den modischen Accessoires aus der Sammlung zählen nicht zuletzt die Haarklammern und -nadeln sowie die Nähkästchen. Sie seien so detailreich und verschnörkelt gestaltet, man müsste sie einfach sammeln, sagt Konrad Schneider. Den Reiz verspürten viele Sammler. Beweise sind nach seinen Worten all die häuslichen Nähkästchen, die von einer Generation zur nächsten vererbt würden und eine wahre Fundgrube für Historiker seien, um etwas über den modischen Geschmack früherer Zeiten zu erfahren — die Ausstellung im Museum lade zu einer Reise in die Vergangenheit ein.

Frankfurter Rundschau - 15.12.99 - Bilder: Ilona Surrey - mit freundlicher Genehmigung der Frankfurter Rundschau
22.6.05