Durch glückliche Umstände wurde es dem Herausgeber Dr. Christoph Regulski möglich, das Kriegstagebuch des späteren Eschborner Pfarrers Adolf Paul zu veröffentlichen. Diese Texte geben zuverlässig die Stimmungen, Einschätzungen und Haltungen von Adolf Paul mit dessen eigenen Worten wider. Er, Sohn eines Pfarrers in Eschborn, auch selbst der typische Sohn seiner Klasse (Thron und Altar in einem festen Bündnis für die Ewigkeit, deutsch-national, ohne jeglichen Zweifel über die Richtigkeit der Führung des Reiches im Krieg wie der Kriegsführung selbst) ist menschlich den Kameraden gegenüber, wird ein tüchtiger loyaler Offizier, fühlt mit Opfern beim “Feind” wie bei der Zivilbevölkerung, erkennt jedoch keinerlei Dissens zu seinem eigenen Tun, als Feind im Feindesland. Noch 1917 ist er erstaunt, daß “der Franzose” nicht aufgibt - steht doch die deutsche Front... zwar mehr oder weniger auf der Stelle, aber - scheinbar - weit von einer Niederlage entfernt. 1918, mit der “Wende des Kriegsglücks” durch den Kriegseintritt der USA sieht er die ungeheure Übermacht der Gegner (Menschen, Material, Nachschub... und Futterage ohne Ende) - hofft aber unverdrossen auf den Entsatz durch im Osten freigesetzte Verbände.
“Aufkommendem Bolschewikentum mußte gewehrt werden!”, meinte er noch kurz vor Toresschluß, hatte jedoch keine Hemmungen, sich kurz zuvor aus dem Privateigentum von geflohenen Zivilisten in Belgien ganz selbstverständlich zu bedienen.
Den Abgang Ludendorffs (Hindenburg und den Kaiser erwähnt er nicht) sieht er keinen Augenblick als das Eingeständnis von dessen und der OHL Versagen und Niederlage, von Besiegelung einer aussichtslosen Kriegführung, die ein ausgeblutetes Land im eigenen Rücken geschaffen hatte - die Feinde im eigenen Land sieht er im revolutionären Lager. Seine Klasse ist nicht Schuld - an nichts und garnichts: er kehrt in die Heimat zurück “im Felde unbesiegt”, wie allerdings auch Friedrich Ebert das formulierte.
Adolf Paul, der sich dann wieder seinen theologischen Studien zuwandte und bald der Nachfolger seines Vaters in Eschborn wurde, wird vermutlich kein Verteidiger der Weimarer Republik gewesen sein.
Die Historische Gesellschaft Eschborn ist dem Herausgeber, Herrn Dr. Christoph Regulski, für seine bereitwillig erteilte Erlaubnis sehr dankbar, in Auszügen mit diesem Werk vertraut machen zu dürfen. Jedem Leser, auch ohne den spezifischen Blick auf den späteren Ehrenbürger unserer Stadt, ist das Studium dieses Buches sehr empfohlen. Es gibt nüchternen Einblick in die Vorstellungswelt einer einmal sich als staatstragend empfunden habenden gesellschaftlichen Schicht, die Träger einer untergegangenen Zeit gewesen ist.
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